Alle Unternehmen mit mindestens einem Mitarbeiter sind aufgrund des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) verpflichtet, eine sicherheitstechnische und betriebsärztliche Betreuung sicherzustellen. Gemäß der DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ haben Kleinbetriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern dabei die Wahl zwischen dem sogenannten Unternehmermodell und der Regelbetreuung. Beim Unternehmermodell übernehmt der Arbeitgeber oder Geschäftsführer einen Teil der Aufgaben einer Fachkraft für Arbeitssicherheit, indem er eine Ausbildung bei seiner Berufsgenossenschaft macht. Welche Vorteile aber auch Nachteile es mit sich bringen kann, erfahren Sie jetzt in diesem Beitrag.
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Wird mit dem Unternehmermodell Arbeitssicherheit zur alleinigen Chefsache?
Als Alternative zur Regelbetreuung entscheiden sich einige Arbeitgeber, sich in Sachen Arbeitssicherheit stärker einzubringen und eine Ausbildung bei der BG machen. Es ist aber nicht so, dass deshalb die externe Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt gänzlich der Geschichte angehören.
Im Rahmen der Grundbetreuung muss eine Sicherheitsfachkraft (§ 5 ASiG – Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit) bzw. ein Betriebsarzt (§ 2 ASiG – Bestellung von Betriebsärzten) hinzugezogen werden, falls dies erforderlich scheint.
Bei besonderen Anlässen kommt die betriebsspezifische Betreuung zur Anwendung, wenn beispielsweise eine neue Maschine angeschafft wird, neue Gefahrstoffe verwendet werden oder sich Arbeitsabläufe grundlegend geändert haben. Auch in diesen Fällen muss im Einzelfall eine fachkundige Person „anlassbezogen“ hinzugezogen werden, also ein Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Mehr zu den drei Betreuungsmodellen nach ASiG und DGUV Vorschrift 2 können Sie in unserem Blogbeitrag Die Bedeutung der DGUV Vorschrift 2 für Ihren Betrieb nachlesen.
Wie sieht die Ausbildung beim Unternehmermodell aus?
Neben der Betriebsgröße (max. 50 Beschäftige) gibt es eine weitere Voraussetzung für die Qualifizierung im Rahmen der alternativen Betreuung nach Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUV Vorschrift 2): Der Arbeitgeber muss aktiv in des Unternehmensgeschehen eingebunden sein.
Das Unternehmermodell selbst wird in der verbindlichen Anlage 3 der DGUV Vorschrift 2 konkretisiert und stellt folgende Anforderungen hinsichtlich Ausbildung und Betreuung:
„Die alternative bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung besteht aus Motivations- und Informationsmaßnahmen, Fortbildungsmaßnahmen und der Inanspruchnahme der bedarfsorientierten Betreuung. Die Beschäftigten werden über die Art der praktizierten betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung informiert und wissen, welcher Betriebsarzt und welche Fachkraft für Arbeitssicherheit anzusprechen ist.“ |
Ausbildung im Unternehmermodell nach DGUV Vorschrift 2, Anlage 3
Das Unternehmermodell bietet kleinen und mittleren Unternehmen eine flexible Möglichkeit, den Arbeitsschutz eigenverantwortlich zu gestalten. Für diesen Beitrag haben wir als Beispiel die Qualifizierungsanforderung der BGHM (Berufsgenossenschaft Holz und Metall) herangezogen.
Die Weiterbildungsmaßnahmen sind jedoch nicht für alle Berufsgenossenschaften gleich und können deshalb je nach Branche variieren. Welches Seminar oder welcher Fernlehrgang für Sie passend ist, richtet sich nach den betrieblichen Anforderungen sowie dem Gefährdungsgruppe I, II oder III Ihrer Berufsgenossenschaft:
„Für einen Unternehmer, dessen Unternehmen in die Gruppe I eingeordnet ist, entspricht der Umfang mindestens 8 Lehreinheiten im Abstand von höchstens 3 Jahren oder alternativ mindestens 16 Lehreinheiten im Abstand von höchstens 5 Jahren. Für Unternehmer dessen Unternehmen in die Gruppen II oder III eingeordnet ist, entspricht der Umfang mindestens 6 Lehreinheiten im Abstand von höchstens 5 Jahren.“ (Quelle DGUV Vorschrift 2, Anlage 3, Seite 26) |
Motivations- und Informationsmaßnahmen:
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, Unternehmer zu motivieren und zu informieren, um den Arbeitsschutz in ihre betrieblichen Abläufe zu integrieren. Sie bestehen aus zwei Hauptteilen:
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- Branchenneutrale Informationen: Diese umfassen eine Präsenzmaßnahme mit Wirksamkeitskontrolle und haben einen Umfang von 8 Lehreinheiten.
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- Branchenspezifische Informationen: Diese können sowohl in Präsenzform als auch in Selbstlernphasen angeboten werden, ebenfalls mit Wirksamkeitskontrolle. Der Umfang variiert zwischen 8 und 24 Lehreinheiten. Beide Teile sind innerhalb von zwei Jahren zu absolvieren.
Die Themen der Informationsmaßnahmen im Überblick:
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- Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit – Nutzen für den Betrieb
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- Verantwortung des Unternehmers und der Führungskräfte
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- Arbeitsschutz organisieren
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- Mitarbeiter führen
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- Gefährdungsbeurteilung – Einführung und Anwendung
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- Anlässe für die bedarfsorientierte betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung
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- Dienstleistungsangebote der Berufsgenossenschaft
Fortbildungsmaßnahmen:
Nach Abschluss der Motivations- und Informationsmaßnahmen sind Unternehmer verpflichtet, im Abstand von höchstens fünf Jahren an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Diese Fortbildungen umfassen mindestens 4 Lehreinheiten und dienen dazu, die Kenntnisse im Arbeitsschutz auf dem aktuellen Stand zu halten.
Die Teilnahme an diesen Seminaren oder Fernlehrgängen durch die Berufsgenossenschaften ist
Anrechnung von Vorkenntnissen
Wenn Sie nachgewiesene Vorkenntnisse im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz besitzen, die nicht älter als fünf Jahre sind, können Sie auf Antrag von bestimmten Lehreinheiten der branchenspezifischen Informationen befreit werden. Diese Vorkenntnisse müssen zum Zeitpunkt Ihrer Anmeldung zur alternativen Betreuung nicht länger als fünf Jahre zurückliegen.
Ihre Pflicht zur Nachweisführung im Unternehmermodell
Bewahren Sie alle Bescheinigungen im Zusammenhang mit dem Unternehmermodell BG sorgfältig auf. Dazu zählen Nachweise über absolvierte Motivations-, Informations- und Fortbildungsmaßnahmen. Gemäß DGUV Vorschrift 2 besteht eine Nachweispflicht gegenüber den zuständigen Aufsichtsorganen, wie dem Gewerbeaufsichtsamt und der BG. Die Aufsichtspersonen haben das Recht, Einsicht in diese Unterlagen zu nehmen.
Betreuung nach Bedarf – Eigenverantwortung und externe Unterstützung
Nachdem Sie die Motivations- und Informationsmaßnahmen abgeschlossen haben, können Sie selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang Sie eine externe Betreuung benötigen. Grundlage für eine angemessene betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung ist dabei stets Ihre Gefährdungsbeurteilung. Diese führen Sie bei Bedarf gemeinsam mit einem Betriebsarzt oder einer Fachkraft für Arbeitssicherheit durch, die über branchenspezifische Kenntnisse verfügen.
Zusätzlich sind Sie verpflichtet, sich bei besonderen Anlässen von einem Betriebsarzt oder einer Sifa mit entsprechender Branchenfachkunde betriebsspezifisch beraten zu lassen.
Die Vorteile beim DGUV Vorschrift 2 Unternehmermodell
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- Hohe Flexibilität
Unternehmer können eigenständig und flexibel auf die individuellen Bedürfnisse ihres Betriebs eingehen, da sie nicht an feste Einsatzzeiten externer Fachkräfte gebunden sind.
- Hohe Flexibilität
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- Kostenersparnis
Durch eigenverantwortliches Umsetzen und Kontrollieren von Maßnahmen im Bereich Arbeitssicherheit lassen sich die Kosten senken.
- Kostenersparnis
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- Praxisnähe
Unternehmer kennen die Abläufe in ihrem Betrieb genau. Dadurch können sie Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gezielt und praxisorientiert umsetzen.
- Praxisnähe
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- Steigerung von Motivation und Bewusstsein
Durch die persönliche Teilnahme an Schulungen und Seminaren im Rahmen des Unternehmermodells wächst das Interesse der Unternehmer für Themen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.
- Steigerung von Motivation und Bewusstsein
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- Reduzierter organisatorischer Aufwand
Der interne Aufwand für die Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen kann geringer sein als bei der klassischen Regelbetreuung, da viele Aufgaben direkt im Betrieb erledigt werden können.
- Reduzierter organisatorischer Aufwand
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- Gezielte Beratung nach Bedarf
Externe Beratung erfolgt nur dann, wenn tatsächlich ein konkreter Bedarf besteht. Dadurch werden Beratungsleistungen effizienter genutzt und zielgerichteter umgesetzt.
- Gezielte Beratung nach Bedarf
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- Nachhaltige Förderung der Mitarbeitergesundheit
Durch langfristige Präventionsmaßnahmen werden Arbeitsunfälle , Gesundheitsrisiken sowie krankheitsbedingte Fehlzeiten reduziert.
- Nachhaltige Förderung der Mitarbeitergesundheit
Was sind die Nachteile beim Unternehmermodell?
Das Unternehmermodell hat neben seinen Vorteilen auch einige Nachteile, die vor allem mit der Eigenverantwortung und den Anforderungen an die Unternehmer verbunden sind:
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- Erhöhter Zeitaufwand
Unternehmer müssen regelmäßig an Schulungen und Fortbildungen teilnehmen, was zeitintensiv ist, vor allem wenn es sich um Präsenzveranstaltungen handelt. Zudem erfordert die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen gemäß dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) einen erheblichen Aufwand.
- Erhöhter Zeitaufwand
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- Abhängigkeit von Fachkenntnissen
Obwohl Schulungen angeboten werden, fehlt vielen Unternehmern die tiefgehende Expertise, die eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder ein Betriebsarzt mitbringen. Dies kann dazu führen, dass Risiken nicht vollständig erkannt oder falsch eingeschätzt werden.
- Abhängigkeit von Fachkenntnissen
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- Gefahr von Überforderung
Besonders in kleinen Betrieben, in denen der Unternehmer oft mehrere Rollen übernimmt, kann die zusätzliche Verantwortung für den Arbeitsschutz zu Überlastung führen.
- Gefahr von Überforderung
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- Eingeschränkte externe Unterstützung
Die bedarfsorientierte Inanspruchnahme externer Fachkräfte bedeutet, dass diese nur bei konkretem Bedarf hinzugezogen werden. Dies kann dazu führen, dass wichtige Aspekte des Arbeitsschutzes übersehen werden, wenn keine regelmäßige externe Kontrolle stattfindet.
- Eingeschränkte externe Unterstützung
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- Hohe Anforderungen bei Veränderungen im Betrieb
Bei jeder Änderung im Betrieb, wie Personalwechsel, neuen Maschinen oder Unfällen, ist eine erneute Unterweisung und Anpassung der Gefährdungsbeurteilung notwendig. Dies stellt hohe Anforderungen an die Organisation und Flexibilität des Unternehmers.
- Hohe Anforderungen bei Veränderungen im Betrieb
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- Rechtliche Risiken
Da der Unternehmer selbst für die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften verantwortlich ist, können Fehler oder Versäumnisse rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Beispielsweise wenn die Arbeitsstättenverordnung nicht eingehalten wird oder Richtlinien bei der Arbeitsstättenverordnung Temperatur vernachlässigt werden.
- Rechtliche Risiken
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- Fehlende Routine
Ohne regelmäßige externe Betreuung besteht das Risiko, dass die Arbeitssicherheit nicht kontinuierlich umgesetzt wird, was die Sicherheit im Betrieb langfristig beeinträchtigen kann.
- Fehlende Routine
Vergleich: Externe Fachkraft für Arbeitssicherheit vs. Unternehmermodell
Aspekt | Externe Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) | Unternehmermodell |
Fachkompetenz und Erfahrung | Sie verfügt über umfassendes Fachwissen und branchenübergreifende Erfahrung und ist stets über aktuelle Vorschriften und Gesetze informiert. | Unternehmer erwerben ihr Wissen durch Schulungen, das weniger tiefgehend ist und regelmäßige Weiterbildung (auch in Eigenregie) erfordert. |
Unabhängigkeit und Objektivität | Eine Sifa bewertet Gefährdungen neutral und unabhängig, was zu objektiveren Entscheidungen führt. | Sie könnten durch ihre Nähe zum Betrieb Risiken öfter übersehen oder subjektiv einschätzen („Tunnelblick“). |
Entlastung des Unternehmers | Die Sifa übernimmt organisatorische Aufgaben wie Gefährdungsbeurteilungen, Schulungen, Betriebsbegehungen etc., wodurch der Unternehmer erheblich entlastet wird. | Der Unternehmer trägt die gesamte Verantwortung selbst und muss alle Aufgaben eigenständig durchführen. So muss er z. B. an Arbeitsschutzausschuss Sitzungen nicht nur teilnehmen, sondern diese auch organisieren und dokumentieren. |
Rechtssicherheit | Eine Sicherheitsfachkraft gewährleistet die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und minimiert das Risiko von Fehlern oder Versäumnissen. | Der Arbeitgeber ist selbst für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich, was bei fehlender Expertise und Erfahrung zu rechtlichen Risiken führen kann. |
Flexibilität bei Bedarf | Sie können gezielt bei komplexen Projekten oder besonderen Anforderungen hinzugezogen werden. | Das Unternehmermodell basiert auf einer sehr hohen Eigenverantwortung, wofür auch sehr viel Zeit aufgebracht werden muss. |
Kosten | Die Betreuung durch eine externe Sifa verursacht Kosten, die vom Umfang der Betreuung abhängig sind. | Das Unternehmermodell ist kostengünstiger, da keine regelmäßigen externen Dienstleister notwendig sind. |
Effektiver Arbeitsschutz: Unternehmermodell BG oder externe Fachkraft?
Mit dem DGUV Vorschrift 2 Unternehmermodell entscheiden Sie sich für eine kostengünstige und flexible Lösung, was für kleinere Betriebe mit niedrigem Gefährdungspotenzial eine effiziente Lösung darstellen kann. Dabei übernehmen Sie jedoch selbst die Verantwortung, was wiederum einen hohen Einsatz von Eigenverantwortung, Zeit und regelmäßiger Weiterbildung erfordert.
Wenn Sie sich für die Betreuung durch eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit entscheiden, profitieren Sie von umfassender Fachkompetenz und erhöhter Rechtssicherheit. Gleichzeitig entlasten Sie sich von organisatorischen Aufgaben.
Zwar fallen bei der Beauftragung einer externen Sifa laufende Kosten an, doch sollten Sie diese nicht allein in den Fokus stellen. Die Vorteile einer professionellen und objektiven Betreuung tragen langfristig dazu bei, Risiken zu minimieren und die Sicherheit in Ihrem Betrieb nachhaltig zu verbessern. Besonders in komplexeren oder risikoreicheren Betrieben überwiegen diese Vorteile oft die finanziellen Aspekte.
Unsere Unterstützung als Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Mit unserem fundierten Fachwissen im Bereich Arbeitssicherheit unterstützen wir deutschlandweit Unternehmen jeder Größe und Branche. Wir bieten Ihnen eine kompetente und rechtskonforme Beratung zu allen Themen des Arbeitsschutzes – und das zu fairen Kosten und Konditionen.