Arbeitsstättenverordnung

Arbeitsstättenverordnung: So setzen Sie sie richtig um

Wie gut kennen Sie sich mit der Arbeitsstättenverordnung aus? Als Arbeitgeber wissen Sie, dass Sie die Verantwortung dafür tragen, dass Ihre Beschäftigten in einer Umgebung arbeiten können, die ihre Gesundheit schützt und ihre Leistungsfähigkeit erhält. Diesbezüglich stellt die Verordnung über Arbeitsstätten ein wichtiges Regelwerk dar, wenn es um die Arbeitssicherheit von Mitarbeitern geht.

In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen als Fachkraft für Arbeitssicherheit die wichtigsten Aspekte der Arbeitsstättenverordnung jetzt näherbringen.

Was ist die Arbeitsstättenverordnung?

Die Verordnung aus dem Jahr 1975 ist in einer Neufassung am 12. August 2004 in Kraft getreten (BGBl. I S. 2179) und ist ein wichtiger Baustein im deutschen Arbeitsschutzrecht.

Eingebettet in das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) enthält die Arbeitsstättenverordnung „Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten einschließlich Baustellen“ (Quelle: Arbeitsstättenverordnung (Deutschland) – Wikipedia).

Begleitet wird die Arbeitsstättenverordnung von der Betriebssicherheitsverordnung für den Umgang mit Arbeitsmitteln sowie von praktischen Hilfen wie Technische Regeln und verschiedenen DGUV-Vorschriften. Die Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung  gelten ausnahmslos für alle Arbeitgeber in Deutschland.

Arbeitssicherheit einfach abgeben Quelle: Arbeitssicherheit-fachkraft.com

Aktualisierung der ArbStättV im Jahr 2024

Zuletzt wurde die Arbeitsstättenverordnung durch den Artikel 10 des Gesetzes (Cannabisgesetz) vom 27. März 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 109) geändert. Die aktuelle Verordnung ist am 1. April 2024 in Kraft getreten.

Gibt es einen Unterschied zwischen Arbeitsstättenverordnung und Betriebsstättenverordnung ?

Lassen Sie sich von den Begriffen nicht verwirren – beide meinen dasselbe. Die offizielle Bezeichnung lautet Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), auch wenn im Alltag oft von der Betriebsstättenverordnung gesprochen wird.

Wie wird eine Arbeitsstätte gemäß der ArbStättV definiert?

In der Verordnung über Arbeitsstätten wird der Begriff „Arbeitsstätte“ bewusst sehr weit gefasst. Als Arbeitsstätte gilt nicht nur der unmittelbare Arbeitsplatz, sondern jeder Ort, an dem Menschen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit arbeiten oder zu dem sie Zugang haben müssen.

„Eine Arbeitsstätte beginnt bereits am Werkstor und erstreckt sich über das gesamte Betriebsgelände.“

 Sie umfasst alle Gebäude, in denen gearbeitet wird, aber auch Außenanlagen, Parkplätze und Verkehrswege. Selbst vorübergehende Einrichtungen wie Baustellen oder mobile Container fallen unter diese Definition, sofern dort regelmäßig gearbeitet wird.

Nebenbereiche als Teil einer Arbeitsstätte

Zur Arbeitsstätte zählen nicht nur die eigentlichen Arbeitsräume, sondern auch alle Nebenbereiche, die für den Betriebsablauf notwendig sind. Dazu gehören unter anderem:

    • Sanitäranlagen

    • Pausenräume

    • Lagerräume

    • Erste-Hilfe-Stationen sowie

    • Verkehrs- und Fluchtwege und Notausgänge

Aber auch Wartungszugänge oder nur selten genutzte Technikräume sind Teil der Arbeitsstätte, wenn Beschäftigte sie im Rahmen ihrer Tätigkeit betreten müssen. Die umfassende Definition einer Arbeitsstätte in der Arbeitsstättenverordnung gewährleistet, dass der Arbeitsschutz lückenlos umgesetzt wird.

Für Sie als Arbeitgeber gilt deshalb: Überall dort, wo Ihre Mitarbeiter im Rahmen ihrer Tätigkeit hinkommen können, müssen die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung erfüllt sein. Das gilt auch für Bereiche, die nur selten genutzt werden. Diese umfassende Definition schützt sowohl die Beschäftigten als auch Sie als Arbeitgeber vor möglichen Gefährdungen und rechtlichen Risiken.

Ausnahmen: Wo gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht?

Trotz der sehr breit gefassten Begriffsdefinition gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht überall, wo Menschen ihrer Arbeit nachgehen. Der Gesetzgeber hat bewusst bestimmte Arbeitsbereiche von der Verordnung ausgenommen.

    • So fallen beispielsweise Bergbaubetriebe nicht unter die ArbStättV, da für sie spezielle bergrechtliche Vorschriften gelten.

    • Auch der mobile Arbeitsplatz im Dienstfahrzeug oder die klassische Heimarbeit sind von den Regelungen ausgenommen – mit einer wichtigen Ausnahme: Die Gefährdungsbeurteilung muss auch hier durchgeführt werden.

    • Interessant ist auch der Bereich der Land- und Forstwirtschaft: Nur die bebauten Flächen wie Scheunen oder Werkstätten fallen unter die Verordnung, nicht aber die Felder oder der Wald selbst.

    • Ähnliches gilt für den Verkehrsbereich: Während Ihr betriebsinterner Werksverkehr der ArbStättV unterliegt, sind öffentliche Transportmittel wie Züge oder Flugzeuge als Arbeitsplatz ausgenommen.

    • Besonders relevant für den Handel: Während fest installierte Verkaufsstände vor Kaufhäusern als Arbeitsstätte gelten, fallen mobile Stände im Reisegewerbe und Marktverkehr nicht unter die Verordnung.
 

Fachkraft für Arbeitssicherheit Arbeitsstättenverordnung

Bedeutung und Ziele der Arbeitsstättenverordnung

Als Fundament für sichere und gesunde Arbeitsplätze, geht es im Kern der ArbStättV darum, Unfälle und gesundheitliche Beeinträchtigungen zu präventiv zu verhindern, die durch mangelhaft gestaltete Arbeitsstätten entstehen können.

Täglich passieren Arbeitsunfälle, die vermeidbar wären: Mitarbeiter stürzen auf schadhaften Böden, verletzen sich auf zu engen Verkehrswegen oder erleiden Schnittverletzungen durch scharfe oder spitze Arbeitsmittel. Hinzu kommen schleichende Gesundheitsgefahren wie durch permanenten Lärm, schlechte Belüftung oder mangelhafte Beleuchtung.

Die Statistik zeigt, dass viele Arbeitsunfälle ihre Ursache in der unzureichenden Beschaffenheit von Arbeitsplätzen haben. Allein im Jahre 2023 wurden in Deutschland 783.426 Arbeitsunfälle gemeldet (Quelle: Arbeitsunfälle in Deutschland | Statista). Die ArbStättV setzt genau hier an und definiert Mindeststandards für eine menschengerechte Arbeitsumgebung.

Die praktische Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung in Ihrem Unternehmen

Ein wesentliches Hilfsmittel für die praktische Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung wie beispielsweise der Arbeitsstättenverordnung Temperatur sind die Technischen Regeln für Arbeitsstätten oder Arbeitsstättenregeln (ASR). Die ASR beim Einrichten und Betreiben einer Arbeitsstätte unterstützen Sie bei einem wichtigen Schritt, der Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung. Sie müssen diese Beurteilung durchführen, wenn Sie neue Arbeitsstätten einrichten oder bestehende Arbeitsstätten betreiben.

So erfüllen Sie die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung gemäß § 3 ArbStättV

Nach § 3 der Arbeitsstättenverordnung müssen Sie als Arbeitgeber systematisch ermitteln, ob und welchen Gefährdungen Ihre Beschäftigten ausgesetzt sind. Dabei geht es nicht nur um offensichtliche körperliche Risiken, sondern auch um psychische Belastungen (Psychische Gefährdungsbeurteilung) und spezielle Gefährdungen wie die Augenbelastung bei Bildschirmarbeitsplätzen oder eine personenbezogene Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft.

Die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung umfasst drei wesentliche Schritte:

    1. Die Ermittlung aller möglichen Gefährdungen, die sich aus der Arbeitsorganisation und den Arbeitsabläufen ergeben können.
    2. Die Festlegung konkreter Schutzmaßnahmen nach aktuellem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene.
    3. Die vollständige Dokumentation der Ergebnisse und geplanten Maßnahmen vor Arbeitsbeginn.

Weiterführende Informationen zum Thema Gefährdungsbeurteilung finden Sie auch in unserem Blogbeitrag „7 Handlungsschritte der Gefährdungsbeurteilung“.

Wenn Sie als Arbeitgeber nicht selbst über das nötige Fachwissen verfügen, müssen Sie sich von Experten, wie einer externen Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten lassen beziehungsweise schriftlich beauftragen. Von dieser Fachkraft können Sie in weiterer Folge auch Ihre Gefährdungsbeurteilung erstellen lassen.

Von der Betriebsanweisung zur Unterweisung: So informieren Sie Ihre Mitarbeiter richtig

Eng mit der Arbeitsstättenverordnung sind Betriebsanweisungen verbunden: Nach § 6 ArbStättV müssen Sie Ihre Beschäftigten umfassend unterweisen. Basierend auf Ihrer Gefährdungsbeurteilung bildet die Betriebsanweisung somit Ihr zentrales Instrument zur Vermittlung von Sicherheitswissen für Ihre Mitarbeitenden.

Dabei gilt: Die Betriebsanweisung muss stets aktuell gehalten werden. Hängen Sie sie gut sichtbar aus, sodass Ihre Mitarbeiter jederzeit darauf zugreifen können. Wenn Sie eine Betriebsanweisung erstellen lassen, sollte besonders auf neuralgische Punkte wie Maschinen, Gefahrstofflager oder Fluchtwege geachtet werden.

Während eine Betriebsanweisung eine Art Kurzfassung sicherheitsrelevanter Aspekte darstellt, umfasst laut Arbeitsschutzgesetz eine Unterweisung Arbeitsschutz sowohl Anweisungen als auch Erläuterungen in Bezug auf die Aufgabenbereiche und die Arbeitsplätze Ihrer Beschäftigten. Die Unterweisung muss verständlich und in einer Sprache erfolgen, die Ihr Team sicher beherrscht.

Sobald sich Arbeitsabläufe oder Gefährdungen in Ihrem Betrieb ändern, müssen auch die Betriebsanweisung und Unterweisung Arbeitsschutz angepasst werden.

Die Unterweisung Arbeitsschutz umfasst dabei mehrere Kernbereiche:

    1. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über zwei wichtige Bereiche: Den sicheren Betrieb der Arbeitsstätte und die gesundheitlichen Schutzmaßnahmen bei ihrer Arbeit. Dies gilt für allgemeine Sicherheitsregeln ebenso wie für spezielle Schutzmaßnahmen am jeweiligen Arbeitsplatz – zum Beispiel auf Baustellen oder an Bildschirmarbeitsplätzen.
    2. Ihre Beschäftigten müssen wissen, wie sie sich in einem Gefahrenfall zu verhalten haben, wie sie Sicherheits- und Warneinrichtungen bedienen und wo sie Erste-Hilfe-Material finden.
    3. Damit Ihre Mitarbeiter die Fluchtwege und Notausgänge in Ihrem Betrieb genau kennen und wissen, wie sie im Brandfall reagieren sollen, ist eine Brandschutzunterweisung verpflichtend. Einer Ihrer Beschäftigter (interner Sicherheitsbeauftragter) benötigt deshalb zusätzlich eine Unterweisung, wie die Feuerlöscheinrichtungen in Ihrem Unternehmen richtig zu bedienen sind.

Die erste Unterweisung muss gemäß Arbeitsstättenverordnung vor Arbeitsbeginn erfolgen und mindestens jährlich wiederholt werden. Bei wesentlichen Änderungen im Betrieb, die neue Gefährdungen mit sich bringen können, ist eine sofortige erneute Unterweisung Arbeitsschutz erforderlich.

Fazit: Die Arbeitsstättenverordnung als gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern und Mitarbeitern

Ob kleines Startup oder Großkonzern, Handwerksbetrieb oder IT-Unternehmen: Als Arbeitgeber tragen Sie vom ersten Tag an die rechtliche Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit Ihrer Beschäftigten.

Die Konsequenzen bei Verstößen gegen die Arbeitsstättenverordnung sind weitreichend: Neben empfindlichen Bußgeldern drohen Ihnen bei schweren Verstößen sogar strafrechtliche Folgen. Im schlimmsten Fall, etwa wenn es durch Ihre Nachlässigkeit zu einem Arbeitsunfall kommt, können Sie persönlich haftbar gemacht werden.

Doch die erfolgreiche Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung ist keine Einbahnstraße. Sie brauchen die aktive Mitarbeit Ihrer Beschäftigten. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können Sie ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld schaffen. Deshalb müssen Ihre Mitarbeiter die Schutzmaßnahmen verstehen, akzeptieren und im Berufsalltag leben.

Die Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung mag Ihnen zunächst komplex und herausfordernd erscheinen. Doch mit der richtigen Unterstützung meistern Sie diese Aufgabe.

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