Bei Fachkraft-Arbeitssicherheit beschäftigen wir uns regelmäßig mit dem Thema Betriebsarzt, denn als Anbieter für arbeitsmedizinische Betreuung sowie sicherheitstechnische Betreuung wissen wir, wie wichtig eine ganzheitliche Betreuung für Unternehmen ist. In diesem Beitrag möchten wir deshalb den Betriebsarzt und seine Rolle im betrieblichen Alltag noch einmal genauer beleuchten.
Eine zentrale Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsarztes ist die DGUV Vorschrift 2, die im November 2024 aktualisiert wurde und im Laufe des Jahres 2025 schrittweise in den trägerspezifischen Fassungen der verschiedenen Unfallversicherungsträger und Berufsgenossenschaften veröffentlicht wird.
Die Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) regelt gemeinsam mit dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) nicht nur den Umfang der arbeitsmedizinischen Betreuung, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Was macht ein Betriebsarzt?
Der Betriebsarzt, auch als Arbeitsmediziner bezeichnet, ist in erster Linie für die Prävention und Früherkennung arbeitsbedingter Beschwerden und Erkrankungen verantwortlich. Anders als viele andere Ärzte arbeitet er nicht in einer festen Praxis oder Klinik, sondern besucht unterschiedlichste Betriebe und Unternehmen direkt vor Ort. Sein Alltag besteht darin, Gesundheitsrisiken in den Arbeitsabläufen zu erkennen, Präventionsprogramme zu entwickeln und Konzepte für Erste Hilfe sowie Arbeitsschutz aufzubauen.
Zu den zentralen Aufgaben des Betriebsarztes gehört die umfassende Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes.
Zusätzlich ist die Tätigkeit des Betriebsarztes auf die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Betriebs ausgerichtet. Während bei Büroangestellten vor allem ergonomische Bildschirmarbeitsplätze im Fokus stehen, prüft er in anderen Branchen beispielsweise Lärmschutz für lärmintensive Tätigkeiten oder den Hautschutz für Labormitarbeiter im Umgang mit biologischen Stoffen. Auch die Unterstützung von Beschäftigten im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach längerer Krankheit gehört zum Aufgabenbereich von Betriebsärzten.
Therapeutisch wird der Betriebsarzt meist nur im Notfall tätig, etwa bei der Ersten Hilfe. Was definitiv nicht zu den Aufgaben eines Betriebsarztes gehört, ist das Überprüfen von Krankmeldungen der Beschäftigten auf ihre Rechtmäßigkeit. (§ 3 ASiG).
Der Betriebsarzt arbeitet unabhängig, unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht und richtet sich ausschließlich nach seinem medizinischen Sachverstand. Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, dem Betriebsarzt Zugang zu allen relevanten Informationen, Arbeitsplätzen und Beschäftigten zu gewähren, damit er seine Aufgaben uneingeschränkt erfüllen kann. |
Voraussetzungen für die Bestellung zum Betriebsarzt
Nur Ärzte mit nachgewiesener arbeitsmedizinischer Fachkunde dürfen als Betriebsarzt bestellt werden. Diese Fachkunde ist erfüllt, wenn Ärztinnen und Ärzte berechtigt sind, entweder die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ zu führen. Damit ist sichergestellt, dass nur entsprechend qualifizierte Mediziner diese verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen (§ 4 ASiG und § 3 DGUV V 2).
Rechtliche Grundlagen für Bestellung und Aufgaben eines Betriebsarztes
In Deutschland sind die Bestellung und die Tätigkeit eines Betriebsarztes umfassend gesetzlich geregelt. Die wichtigste Grundlage bildet das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), das vorschreibt, dass jeder Arbeitgeber ab dem ersten Mitarbeiter einen Betriebsarzt schriftlich bestellen muss. Diese Verpflichtung gilt sowohl für intern angestellte Ärzte als auch für externe arbeitsmedizinische Dienste.
Die Aufgaben des Betriebsarztes sind im § 3 ASiG detailliert beschrieben. Zu den zentralen Tätigkeiten gehören:
- Beratung des Arbeitgebers und der Beschäftigten in allen Fragen des medizinischen Arbeitsschutzes
- Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung
- Durchführung und Auswertung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen, wie der G25 Untersuchung oder G37 Untersuchung für Bildschirmarbeitsplätze und
- regelmäßige Begehung der Arbeitsstätten
- Beratung zu Arbeitssicherheit und Unfallvermeidung in Unternehmen ab 20 Beschäftigten im Arbeitsschutzausschuss (ASA)
Ergänzend konkretisieren die DGUV Vorschrift 2 sowie die DGUV Regel 100-002 die Anforderungen an Betriebsärzte. Sie legt fest, wie viele Einsatzzeiten im Betrieb erforderlich sind, welche Betreuungsmodelle je nach Unternehmensgröße und Gefährdung bestehen und wie eng die Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit erfolgen muss.
Weitere relevante Regelungen finden sich im Arbeitsschutzgesetz, in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und in verschiedenen Unfallverhütungsvorschriften (UVV).
Was ist für Betriebsärzte in der DGUV Vorschrift 2 neu?
Die DGUV Vorschrift 2 regelt die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung in Unternehmen und wurde zuletzt an die aktuellen Anforderungen im Arbeits- und Gesundheitsschutz angepasst. Für Betriebsärzte ergeben sich daraus mehrere wichtige Neuerungen:
- Eine wesentliche Änderung betrifft die flexiblere Gestaltung der Betreuungszeiten. Unternehmen können die Einsatzstunden des Betriebsarztes nun stärker am tatsächlichen Gefährdungspotenzial und an den betrieblichen Gegebenheiten ausrichten. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung, sodass die betriebsärztliche Unterstützung gezielter auf die jeweiligen Risiken und Bedürfnisse zugeschnitten werden kann.
- Mit der aktualisierten DGUV Vorschrift 2 ist die betriebsärztliche Beratung (und auch die sicherheitstechnische Betreuung durch externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit) deutlich flexibler geworden. Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte können Unternehmen und Beschäftigte jetzt auch telefonisch oder online beraten, wenn sie den Betrieb zuvor persönlich kennengelernt haben, zum Beispiel durch eine Erstbegehung. Bis zu einem Drittel der Betreuungsleistungen darf grundsätzlich digital erfolgen, in bestimmten Fällen sogar bis zur Hälfte. Das erleichtert vor allem in Regionen mit Fachkräftemangel oder bei kurzfristigem Beratungsbedarf den Zugang zur arbeitsmedizinischen Betreuung und macht die Beratung insgesamt moderner und effizienter (§ 6 DGUV V 2 „Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien“ – DGUV V 2 Mustertext, S. 17).
- Neu eingeführt wurde außerdem eine verpflichtende Dokumentation und Auswertung aller durchgeführten Maßnahmen. Betriebsärzte sind nun angehalten, ihre Tätigkeiten und Empfehlungen detailliert zu erfassen, um die Wirksamkeit des Arbeitsschutzes besser beurteilen und weiterentwickeln zu können. Auch die Zusammenarbeit mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit rückt stärker in den Fokus: Beide Bereiche sollen noch enger kooperieren, um einen umfassenden Schutz für die Beschäftigten zu gewährleisten.
- Zusätzlich verpflichtet die DGUV Vorschrift 2 Betriebsärzte dazu, regelmäßig an Fortbildungen teilzunehmen und ihre Fachkunde kontinuierlich zu aktualisieren. So wird sichergestellt, dass neue Entwicklungen im Arbeitsschutz zeitnah in die betriebliche Praxis einfließen. Der Betriebsarzt trägt damit gemeinsam mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit wesentlich dazu bei, Arbeitsbedingungen sicher und gesund zu gestalten.
Weitere Details zu den aktuellen Änderungen und deren Bedeutung für die betriebsärztliche Betreuung finden Sie im Blogbeitrag zur DGUV Vorschrift 2.
So unterstützt der Betriebsarzt Ihr Unternehmen in der Grundbetreuung
In der Grundbetreuung nach DGUV Vorschrift 2 übernimmt der Betriebsarzt vielfältige Aufgaben, um Sicherheit und Gesundheit im Betrieb nachhaltig zu fördern. Dabei werden die Tätigkeiten der Betriebsärzte kontinuierlich und unabhängig von konkreten Anlässen durchgeführt, um einen dauerhaften Gesundheitsschutz zu gewährleisten.
Dazu zählen, wie erwähnt, die Unterstützung bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen, die Entwicklung von Konzepten zur Arbeitsgestaltung, die Beratung zu Präventionsmaßnahmen sowie die Mitwirkung bei der Organisation der Ersten Hilfe. Außerdem begleitet der Betriebsarzt die Dokumentation sicherheitsrelevanter Maßnahmen und nimmt regelmäßig an betrieblichen Besprechungen teil.
Betriebsmedizinische und sicherheitstechnische Einsatzzeiten in der Grundbetreuung
Für die Grundbetreuung steht dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit ein festes Zeitkontingent zur Verfügung, die sogenannte Einsatzzeitensumme. Diese Einsatzzeiten sind nach drei Betreuungsgruppen gestaffelt, die sich nach dem Gefährdungsgrad des Betriebs richten:
Betreuungsgruppe | Gefährdungsgrad | Einsatzzeitensumme (Std./Jahr je Beschäftigten) | Mindesteinsatzzeit je Fachdisziplin (Std./Jahr je Beschäftigten) |
Gruppe I | hoch | 2,5 | 0,5 |
Gruppe II | mittel | 1,5 | 0,3 |
Gruppe III | niedrig | 0,5 | 0,2 |
- Die gesamte Grundbetreuungs-Einsatzzeit pro Jahr errechnet sich durch Multiplikation des jeweiligen Einsatzzeitenfaktors (je nach Betreuungsgruppe) mit der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb.
- Die Einsatzzeiten sind unabhängig von der Betriebsgröße konstant, eine Degression gibt es nicht. Wichtig ist, dass jede Fachdisziplin – also sowohl der Betriebsarzt als auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit – mindestens 20 Prozent des Grundbetreuungsumfangs und mindestens 0,2 Stunden pro Jahr und Beschäftigten erhält. Wege- und Fahrzeiten dürfen dabei nicht angerechnet werden.
Die Zuordnung zur passenden Betreuungsgruppe erfolgt anhand des WZ-Codes (Wirtschaftszweig-Code) des Betriebs, der den Gefährdungsgrad und damit den Einsatzzeitenfaktor bestimmt.
Die betriebsspezifische Betreuung durch den Betriebsarzt
Die betriebsspezifische Betreuung ergänzt die Grundbetreuung und richtet sich gezielt nach den besonderen Risiken und Anforderungen eines Unternehmens. Zu den Aufgaben des Betriebsarztes zählen unter anderem arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gemäß der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV), Beratung bei betrieblichen Veränderungen, Unterstützung bei der Einführung neuer Arbeitsstoffe oder Maschinen, Begleitung von Wiedereingliederungsmaßnahmen und die Entwicklung von Gesundheitsförderungsprogrammen.
Bei der betriebsspezifischen Betreuung gibt es keine festen betriebsärztlichen Einsatzzeiten. Der zeitliche Umfang richtet sich individuell nach den Gefährdungen und dem tatsächlichen Bedarf im Betrieb und wird gemeinsam mit dem Arbeitgeber abgestimmt und dokumentiert.
Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit in einem Team
Die enge Zusammenarbeit von Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit bildet die Grundlage für einen umfassenden und wirksamen Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen. Während die Sicherheitsfachkraft (Sifa) vor allem für technische und organisatorische Aspekte der Arbeitssicherheit zuständig ist, bringt der Betriebsarzt medizinisches und arbeitsphysiologisches Fachwissen ein.
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind verpflichtet, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eng zusammenzuarbeiten. Dazu zählt insbesondere, dass sie gemeinsam Betriebsbegehungen durchführen. Darüber hinaus arbeiten sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auch mit anderen im Betrieb beauftragten Personen für technische Sicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz zusammen. (Quelle: § 10 ASiG „Zusammenarbeit der Betriebsärzte und der Fachkräfte für Arbeitssicherheit“) |
In der Praxis ist es nicht immer notwendig, dass beide bei allen Betriebsbegehungen anwesend sind. Der Betriebsarzt wird insbesondere dann hinzugezogen, wenn gesundheitliche Risiken wie der Umgang mit Gefahrstoffen oder das Auftreten von Berufserkrankungen im Fokus stehen. So stellen beide gemeinsam sicher, dass sowohl technische als auch gesundheitliche Risiken umfassend erkannt und bewertet werden.
Auch bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung arbeiten Betriebsarzt und Sifa mitunter zusammen. Die Sifa analysiert technische und organisatorische Gefahrenquellen, während der Betriebsarzt gesundheitliche Auswirkungen und physiologische Belastungen bewerten kann. Diese enge Kooperation ermöglicht es, alle relevanten Risiken, von chemischen und biologischen Gefährdungen bis hin zu psychischen Belastungen, abzudecken und gezielte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Mehr zu psychischen und mentalen Belastungen am Arbeitsplatz erfahren Sie in unserem Leitfaden für Arbeitgeber „Psychische Gefährdungsbeurteilung“.
Ihr Partner für ganzheitliche Betreuung im Arbeits- und Gesundheitsschutz
Sie haben noch Fragen zur arbeitsmedizinischen oder sicherheitstechnischen Betreuung? Wir von Fachkraft-Arbeitssicherheit unterstützen Sie dabei umfassend und deutschlandweit. Zum Beispiel in Dresden, Dortmund, Düsseldorf und vielen weiteren Städten wie Berlin oder Köln. Sprechen Sie uns gerne an. Wir beraten Sie individuell und finden gemeinsam die beste Lösung für Ihren Betrieb.