Die Gefährdungsbeurteilung Asbest nach der Gefahrstoffverordnung ist ein zentrales Instrument der Arbeitssicherheit, um die gesundheitlichen Risiken beim Umgang mit asbesthaltigen Materialien effektiv zu minimieren.
Obwohl die Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland seit dem 31. Oktober 1993 verboten ist, kommen auch heute noch viele Menschen mit Asbest in Kontakt. Besonders betroffen sind Beschäftigte in der Baubranche, da Asbest zwischen 1960 und 1993 als „Wunderfaser“ in nahezu allen Bereichen des Bauens eingesetzt wurde. Gefährlich wird Asbest vor allem bei der Freisetzung seiner Fasern, was bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) oft unvermeidbar ist. Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die Rechtsgrundlagen und praktische Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung Asbest.
Die rechtlichen Grundlagen der Gefährdungsbeurteilung Asbestsanierung
Neben der Beurteilung der Arbeitsbedingungen gemäß dem Arbeitsschutzgesetz ist die eingangs erwähnte Gefahrstoffverordnung § 6 „Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung“ (§ 6 GefStoffV) eine der wichtigsten Rechtsgrundlagen für die Gefährdungsbeurteilung bei der Asbestsanierung.
Bei Gebäuden, die vor 1993 errichtet oder saniert wurden ist das Vorkommen von Asbest eher die Regel als die Ausnahme. Bevor mit ASI-Arbeiten begonnen wird, muss demnach die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung Asbest durchgeführt werden.
Wann wird Asbest zur Gesundheitsgefahr?
Asbest wird vor allem dann gefährlich, wenn Fasern in die Luft gelangen und eingeatmet werden. Dies geschieht häufig bei Renovierungs-, Sanierungs- oder Abrissarbeiten, bei denen asbesthaltige Materialien mechanisch oder thermisch bearbeitet werden. Selbst scheinbar harmlose Tätigkeiten wie Bohren oder Schleifen können gefährliche Faserfreisetzungen verursachen.
Wichtige Hinweise zum Umgang mit Asbest
-
- Solange asbesthaltige Materialien intakt sind und nicht bearbeitet werden, besteht keine akute Gefahr. Dennoch sollten regelmäßige Sichtkontrollen durchgeführt werden.
-
- Bei geplanten Umbauten oder sichtbaren Schäden ist ein zertifizierter Fachbetrieb für Asbestsanierung einzuschalten.
- Eigenständige Arbeiten an asbesthaltigen Materialien sind strikt zu vermeiden, da sie zu einer unkontrollierten Freisetzung von Fasern führen können.
Die Bedeutung der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 GefStoffV bei der Asbestsanierung
Bei Arbeiten mit Asbest ist besondere Vorsicht geboten, da die Freisetzung von Asbestfasern erhebliche Gesundheitsrisiken birgt. Deshalb vor Beginn von ASI-Arbeiten ist eine besonders gründliche Beurteilung aller Gefährdungen durch qualifizierte Fachkräfte für Arbeitssicherheit notwendig. Im Gegensatz zu anderen Gefahrstoffen erfordert die Beurteilung bei Asbestarbeiten eine spezielle Sachkunde, wie sie in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS), speziell in der TRGS 519, festgelegt ist. Die hier geforderte Sachkunde stellt sicher, dass die spezifischen Gefahren von Asbest erkannt und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Risiken getroffen werden können.
Die Gefährdungsbeurteilung Asbestsanierung bildet die Grundlage für alle notwendigen Schutzmaßnahmen, um die Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten und das Risiko einer Asbestexposition (Kontakt mit Asbestfasern, insbesondere das Einatmen der faserartigen Asbestpartikel) zu reduzieren.
Häufige Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung Asbest
Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen gehört der Einsatz persönlicher Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Schutzhandschuhe und Schutzanzüge, die den Hautkontakt und das Einatmen von Asbestfasern verhindern.
Darüber hinaus können technische Hilfsmittel wie spezielle Absaugvorrichtungen, Unterdrucksysteme, Personenschleusen oder mobile Duscheinrichtungen eingesetzt werden. All diese und weitere Maßnahmen tragen dazu bei, die Freisetzung und Verbreitung von Asbestfasern während der Arbeiten zu kontrollieren.
Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 Asbest
Eine wichtige Orientierungshilfe bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung Asbest bietet die TRGS 519. Sie definiert Asbest-, Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie die Abfallbeseitigung von asbestbelastenden Materialien. In weiterer Folge konkretisiert die TRGS 519 die allgemeinen Anforderungen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen gemäß der Gefahrstoffverordnung.
Im Zusammenhang mit der TRGS 519 bietet die DGUV Information 201-012 „Asbestsanierung“ (= Unfallverhütungsvorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, DGUV) praxisorientierte Vorgaben zur sicheren Durchführung von ASI-Arbeiten.
Die DGUV Information 201-012 beschreibt u. a. den Einsatz emissionsarmer Verfahren und ermöglicht in bestimmten Fällen Erleichterungen bei den Schutzmaßnahmen. Dies gilt zum Beispiel für standardisierte Arbeiten mit geringer Asbest-Exposition, wie Bohren, Schleifen, Ausstanzen oder Abstemmen.
Die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 910
Eine weitere Technische Regel für die Gefährdungsbeurteilung Asbest ist die TRGS 910. In dieser Regel sind die Akzeptanz- sowie Toleranzkonzentrationen festgelegt, die als Beurteilungsmaßstäbe für den Kontakt mit krebserzeugenden Stoffen dienen. Überschreitungen dieser Werte erfordern zusätzliche Schutzmaßnahmen. Ziel der TRGS 910 ist es, das Risiko am Arbeitsplatz zu bewerten und Maßnahmen zur Minimierung der Asbestexposition zu entwickeln. In diesem Rahmen teilt die TRGS 910 Risiken im Umgang mit Asbest in drei Bereiche ein:
-
- niedrige Risiken
-
- mittlere Risiken und
-
- hohe Risiken.
Abhängig von der Risikostufe muss bei der Gefährdungsbeurteilung Asbestsanierung ein abgestufter Maßnahmenplan umgesetzt werden, um vorliegende Risiken zu verringern.
Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung Asbest in der Praxis
Wie bei jeder Gefährdungsbeurteilung Gefahrstoffe wird auch hier das STOP-Prinzip angewendet, um Schutzmaßnahmen in einer klaren Rangfolge zu planen und umzusetzen:
Substitution, technische Maßnahmen, organisatorische Maßnahmen und persönliche Schutzausrüstung (PSA). Mehr darüber können Sie in unserem Blogbeitrag „Das STOP Prinzip im Arbeitsschutz: Wann wird es angewendet?“ nachlesen.
H3: Folgende Schritte verdeutlichen die praktische Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung Asbest:
1. Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen
Zu Beginn wird geprüft, ob asbesthaltige Materialien vorhanden sind und welche Gefahren von ihnen ausgehen. Dabei werden Art und Zustand des Materials sowie potenzielle Faserfreisetzungen analysiert. Unsichere Fälle erfordern Materialanalysen durch sachkundige Personen.
2. Substitution: Ersatzstoffprüfung
Bei Gefahrstoffen wie Asbest ist eine Substitutionsprüfung nach der Gefahrstoffverordnung sogar Pflicht. Konkretisiert wird diese Pflicht in den TRGS 600 (Ersatzstoffe und Ersatzverfahren). Dabei wird geprüft, ob asbesthaltige Materialien durch ungefährlichere Alternativen ersetzt werden können. Ist dies nicht möglich, kommen technische und organisatorische Schutzmaßnahmen zum Einsatz.
3. Technische Schutzmaßnahmen
Technische Lösungen zielen darauf ab, die Freisetzung von Asbestfasern zu verhindern oder zu minimieren. Dazu gehören beispielsweise:
-
- Einrichtung abgeschotteter Arbeitsbereiche mit Unterdruckhaltung.
-
- Nutzung von Absaugvorrichtungen und Luftreinigungssystemen.
- Verwendung emissionsarmer Verfahren gemäß TRGS 519.
4. Organisatorische Schutzmaßnahmen
Organisatorische Maßnahmen reduzieren das Risiko durch klare Arbeitsabläufe und Regelungen:
-
- Erstellung eines detaillierten Arbeitsplans mit Angaben zu Techniken, Schutzmaßnahmen und Entsorgung.
-
- Begrenzung der Anzahl der Beschäftigten im Gefahrenbereich.
- Schulung und Unterweisung Arbeitsschutz, um die Mitarbeitenden über Gefahren und Schutzmaßnahmen aufzuklären.
5. Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Falls Risiken trotz technischer und organisatorischer Maßnahmen bestehen bleiben, kommt die persönliche Schutzeinrichtung zum Einsatz:
-
- Atemschutzmasken (z. B. FFP3) zur Vermeidung von Faserinhalation.
-
- Schutzanzüge der Kategorie III, Typ 5/6 für staubdichte Abschirmung.
- Handschuhe und Augenschutz bei direktem Kontakt mit asbesthaltigen Materialien.
6. Dokumentation und Freigabe
Alle Maßnahmen werden in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert. Nach Abschluss der Arbeiten erfolgt eine gründliche Reinigung des Arbeitsbereichs sowie eine abschließende Kontrolle, um sicherzustellen, dass keine gefährlichen Asbestfaserkonzentrationen mehr vorhanden sind.
Diese systematische Vorgehensweise gewährleistet nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben nach § 6 GefStoffV und TRGS 519, sondern soll in erster Linie die Gesundheit aller Beteiligten während der Arbeiten mit Asbest schützen.
Deutschlandweite Unterstützung beim Arbeitsschutz
Als erfahrene Fachkräfte für Arbeitssicherheit unterstützen wir Unternehmen deutschlandweit bei der sicherheitstechnischen Betreuung sowie bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen unterschiedlicher Art.
Dabei berücksichtigen wir die spezifischen Anforderungen Ihrer Branche sowie die geltenden gesetzlichen Vorgaben mit dem Ziel, Sie bei der Schaffung eines sicheren und rechtskonformen Arbeitsumfeldes nachhaltig zu unterstützen.