In unserem Beitrag „DGUV Vorschrift 1“ haben wir Ihnen bereits die Grundsätze der Prävention vorgestellt, die als Fundament für Sicherheit und Gesundheit in Unternehmen dienen. Nun richten wir den Fokus auf die DGUV Vorschrift 2, die im Laufe des Jahres 2025 in einer überarbeiteten und modernisierten Fassung unter dem Titel „Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ in Kraft treten wird. Den Anfang hat damit im April 2025 die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) mit ihrer trägerspezifischen DGUV Vorschrift 2 gemacht.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was sich bei dieser Vorschrift geändert hat und wie Sie die Vorgaben der aktualisierten DGUV Vorschrift 2 optimal in Ihrem Betrieb umsetzen können.
Bedeutung und Umsetzung der DGUV Vorschrift 2
Als eine der wichtigsten Unfallverhütungsvorschriften (UVV) für Arbeitgeber ergänzt die DGUV V2 das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), indem sie genau festlegt, wie die betriebsärztliche und sicherheitstechnischen Betreuung im Unternehmen umgesetzt werden soll und welche Aufgaben Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit dabei übernehmen.
Insgesamt trägt die DGUV Vorschrift 2 dazu bei, den Arbeitsschutz in Betrieben effizienter, flexibler und nachhaltiger zu gestalten – zum Vorteil von Unternehmen und Beschäftigten gleichermaßen.
Für wen gilt die DGUV Vorschrift 2?
Die Vorschrift ist eine zentrale Regelung im deutschen Arbeitsschutz und richtet sich an alle Unternehmen, die Mitarbeitende beschäftigen – unabhängig von der Branche oder Größe.
Sie gilt sowohl für gewerbliche Betriebe als auch für den öffentlichen Dienst und erfasst damit eine breite Palette von Organisationen, von kleinen Handwerksbetrieben bis hin zu großen Industrieunternehmen.
Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, die Vorgaben der DGUV Vorschrift 2 umzusetzen, um den gesetzlichen Anforderungen des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) gerecht zu werden. Dies bedeutet, dass Unternehmen entweder selbst über qualifizierte Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit verfügen müssen oder diese Leistungen von externen Dienstleistern beziehen können, wie einer externen Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Hintergründe und Ziele der neuen DGUV Vorschrift 2
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat die DGUV Vorschrift 2 umfassend überarbeitet, um den betrieblichen Arbeitsschutz gezielter und praxisnäher zu gestalten. Im Mittelpunkt steht eine verständlichere, anwenderfreundlichere und strukturiertere Vorschrift. Die bisherige Fassung von 2011 galt als unübersichtlich und teilweise schwer verständlich. Die neue Version ist daher klar in einen verpflichtenden Vorschriftenteil und einen empfehlenden Regelteil gegliedert, angelehnt an die Struktur anderer Unfallverhütungsvorschriften.
Entstehung und Schwerpunkte der Überarbeitung
Die Neufassung entstand zwischen 2017 und 2024 in einer breit aufgestellten Projektgruppe der DGUV, unterstützt durch Vertreterinnen und Vertreter von Berufsgenossenschaften, Unfallkassen, Sozialpartnern, Bund, Ländern und weiteren Verbänden. Grundlage waren eine umfassende Evaluation und die Erfahrungen aus der Praxis. Bei der Überarbeitung der DGUV V 2 lag ein besonderes Augenmerk auf dem Mangel von Betriebsärzten sowie auf einem veränderten Beratungsbedarf.
Um die Anwenderfreundlichkeit zu erhöhen, wurde die DGUV Vorschrift 2 durch die DGUV Regel 100-002 mit praxisnahen Erläuterungen und Hinweisen ergänzt. Die Grundstruktur bleibt jedoch erhalten: Es gibt weiterhin allgemeine Paragrafen für alle Betriebsgrößen sowie vier Anlagen mit unterschiedlichen Betreuungsmodellen für Kleinst- und Großbetriebe.
Der neue Mustertext steht Ihnen unter „DGUV Vorschrift 2 Mustertext-Fassung 2024“ zum Download bereit. Die trägerspezifischen Fassungen können nach ihrer Inkraftsetzung direkt bei den Unfallversicherungsträgern angefordert werden.
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach DGUV V2
Als Unternehmer und Arbeitgeber müssen Sie bereits ab einem Mitarbeiter Betriebsärzte (§ 2 ASiG) sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit (§ 5 ASiG) verpflichtend und schriftlich bestellen. Diese unterstützen Sie als Unternehmer bei allen Fragen rund um Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz und sind damit unverzichtbare Partner für einen nachhaltigen Arbeitsschutz.
Zeitgemäße Beratung: Persönlich, telefonisch und online
Gemäß der aktualisierten DGUV Vorschrift 2 ist es künftig möglich, dass Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit die Unternehmensführung nicht nur persönlich, sondern auch telefonisch oder online beraten.
Voraussetzung ist, dass sie sich zuvor einen persönlichen Eindruck vom Betrieb verschaffen, beispielsweise durch eine Begehung vor Ort. Bis zu ein Drittel der Beratungszeit kann auf diese digitalen Beratungsformen entfallen, bei einigen Unfallversicherungsträgern sind sogar bis zu 50 Prozent möglich. Damit wird die Betreuung flexibler und kann besser an die betrieblichen Gegebenheiten angepasst werden.
(Quelle: DGUV V 2 § 6 „§ 6 Nutzung von digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien“, Mustertext S. 17)
Aufgaben und Anforderungen an Betriebsärztinnen und Betriebsärzte nach der neuen DGUV Vorschrift 2
Wie bereits erwähnt müssen diese vom Arbeitgeber bereits ab dem ersten Mitarbeitenden schriftlich bestellt werden. Sie unterstützen Unternehmen in allen Fragen der arbeitsmedizinischen Betreuung und Vorsorge, bei der Gefährdungsbeurteilung sowie bei der Gestaltung gesunder und sicherer Arbeitsbedingungen.
Zur Ausübung dieser Funktion ist deshalb eine spezielle arbeitsmedizinische Fachkunde erforderlich. Diese wird durch die Bezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder „Betriebsmedizin“ nachgewiesen. Alternativ können auch Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender Weiterbildung und Anerkennung durch die Landesärztekammer als Betriebsärztinnen und Betriebsärzte tätig werden.
Zu den Aufgaben in der Grundbetreuung gehören beispielsweise Beratung bei Unterweisungen sowie Unterstützung bei der Organisation des betrieblichen Gesundheitsschutzes.
Die betriebsspezifische betriebsärztliche Betreuung umfasst u. a. arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen und Eignungsbeurteilungen wie die G25 Untersuchung. Des Weiteren gehören auch die Beratung bei besonderen Anlässen wie der Einführung neuer Arbeitsmittel sowie die Mitwirkung bei betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) von Beschäftigten zu den Aufgaben von Betriebsärzten.
Anforderungen an Fachkraft für Arbeitssicherheit nach DGUV V2
Die DGUV Vorschrift 2 legt auch klare Anforderungen an die Qualifikation und Aufgaben von Fachkräften für Arbeitssicherheit fest, um eine wirksame sicherheitstechnische Betreuung in Betrieben sicherzustellen. Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder Sicherheitsfachkräfte (kurz Sifa) müssen über eine spezifische sicherheitstechnische Fachkunde verfügen, die durch Ausbildung und praktische Erfahrung nachgewiesen wird. Dazu gehören:
- Sicherheitsingenieure: Sie müssen einen Abschluss in Ingenieurwissenschaften (Bachelor oder Master) besitzen, mindestens ein bis zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen und einen anerkannten Ausbildungslehrgang erfolgreich abgeschlossen haben.
- Sicherheitstechniker: Sie benötigen eine staatlich anerkannte Technikerprüfung, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und eine erfolgreich absolvierte Weiterbildung durch Unfallversicherungsträger oder andere anerkannte Institutionen.
- Sicherheitsmeister: Sie müssen die Meisterprüfung bestanden haben, mindestens zwei Jahre praktische Erfahrung als Meister aufweisen und ebenfalls eine entsprechende Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen haben.
Neu in der DGUV V2:
Auch Absolventinnen und Absolventen aus weiteren Fachgebieten, etwa aus den Bereichen Arbeits- und Organisationspsychologie, Biologie oder Ergonomie, können sich jetzt als Fachkräfte für Arbeitssicherheit qualifizieren und bestellen lassen. Dadurch können Unternehmen ihre Fachkräfte gezielter nach den Anforderungen der jeweiligen Branche auswählen.
Die Aufgaben der Sicherheitsfachkraft nach DGUV V2
Diese umfassen die Beratung des Arbeitgebers in allen Fragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Dazu gehören die Identifikation und Bewertung von Gefährdungen, die Entwicklung von Maßnahmen zur Risikominderung sowie die Unterstützung bei der Gestaltung sicherer Arbeitsplätze und Arbeitsprozesse.
In diesem Rahmen sind Fachkräfte für Arbeitssicherheit erste Ansprechpartner, wenn Unternehmen eine allgemeine oder anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung erstellen lassen möchten.
Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung nach DGUV 2
Die DGUV Vorschrift 2 unterscheidet zwischen der Grundbetreuung und der betriebsspezifischen Betreuung, die gemeinsam eine umfassende Betreuung des Arbeitsschutzes sicherstellen.
- Die Grundbetreuung ist für alle Betriebe verbindlich und erfolgt nach festen Einsatzzeiten, die sich an der Betriebsart und dem Gefährdungspotenzial orientieren. Die Grundbetreuung umfasst allgemeine, wiederkehrende Aufgaben wie die Unterstützung bei Gefährdungsbeurteilungen, Mitarbeiterschulungen und die Beratung des Arbeitgebers zu grundlegenden Arbeitsschutzthemen durch Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte.
- Im Gegensatz dazu ist die betriebsspezifische Betreuung flexibel und individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten. Sie wird erforderlich, wenn besondere betriebliche Anforderungen auftreten, etwa durch neue Technologien, bauliche Veränderungen oder organisatorische Umstrukturierungen. Der Umfang dieser Betreuung wird vom Unternehmen selbst anhand der spezifischen Gefährdungssituation ermittelt und regelmäßig überprüft.
Die Gefährdungsbeurteilung als Grundlage für die Grundbetreuung und betriebsspezifische Betreuung
Als elementarer Bestandteil des Arbeitsschutzes, dient die Gefährdungsbeurteilung dazu, mögliche Gefährdungen im Betrieb zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Reduzierung von Risiken einzuleiten.
Die Gefährdungsbeurteilung wird für jedes Unternehmen individuell erstellt. Auf dieser Basis werden die erforderlichen Betreuungsmaßnahmen definiert, um den Schutz der Beschäftigten bestmöglich zu gewährleisten.
Die Betreuungsmodelle der DGUV Vorschrift 2 ab 2025
Mit der überarbeiteten DGUV Vorschrift 2 stehen Unternehmen ab April vier Betreuungsmodelle zur Verfügung, die gezielt an Betriebsgröße und Gefährdungslage angepasst sind. Die Zuordnung zu den Betreuungsgruppen wurde überarbeitet und orientiert sich nun transparenter an den tatsächlichen Gefährdungen der jeweiligen Branche. Begriffe wie „Grundbetreuung“ und „anlassbezogene Betreuung“ werden nun einheitlich verwendet, um die Umsetzung für Unternehmen zu erleichtern.
1. Regelbetreuung für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten
Kleine Betriebe profitieren von einer flexiblen, anlassbezogenen Betreuung. Der Umfang der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung richtet sich nach den konkreten Gefährdungen im Betrieb. Die Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung muss spätestens alle drei Jahre oder bei maßgeblichen Änderungen erfolgen. Für besondere Anlässe, wie neue Arbeitsmittel, grundlegende Änderungen oder besondere Schutzbedarfe, ist eine gezielte Betreuung vorgeschrieben. Es gibt keine festen Zeitvorgaben, sondern eine bedarfsorientierte Betreuung.
2. Kompetenzzentrummodell für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten
Neu in der DGUV Vorschrift 2 ist, dass sich Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten nach erfolgreicher Qualifizierung auch durch ein Kompetenzzentrum (KPZ) ihrer Berufsgenossenschaft betreuen lassen können. Dieses Angebot, das zuvor nur bis 10 Beschäftigte galt, ermöglicht kleinen Unternehmen einen einfacheren Zugang zu professioneller Unterstützung.
3. Regelbetreuung für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten
Für größere Unternehmen ist die Regelbetreuung verpflichtend. Sie besteht aus einer Grundbetreuung mit festen Einsatzzeiten pro Beschäftigtem und einer betriebsspezifischen Betreuung, die sich an den besonderen Anforderungen des Betriebs orientiert.
Die Grundbetreuung umfasst Basisleistungen wie Unterstützung bei der Gefährdungsbeurteilung, Beratung zur Arbeitsgestaltung und Unterweisungen. Die betriebsspezifische Betreuung ergänzt diese Leistungen um spezifische Anforderungen, etwa bei betrieblichen Veränderungen oder besonderen Gefährdungen. Die Zuordnung zu den Betreuungsgruppen erfolgt anhand des Wirtschaftszweigs (WZ-Code).
4. Alternatives Betreuungsmodell für Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten
Kleinere Unternehmen können nach entsprechender Qualifizierung der Unternehmensleitung ein alternatives Betreuungsmodell wählen, das sog. Unternehmermodel. Voraussetzung dafür ist die Teilnahme an speziellen Informations- und Fortbildungsmaßnahmen. Die Betreuung erfolgt dann anlassbezogen und bietet mehr Flexibilität, setzt aber auch ein hohes Maß an Eigeninitiative voraus. Die Nachweispflichten sind verbindlich: Das heißt, wenn diese nicht erfüllt werden, fällt das Unternehmen automatisch in die Regelbetreuung.
Praktische Tipps zur Umsetzung der DGUV Vorschrift 2 in Ihrem Betrieb
- Aktualisieren Sie regelmäßig Ihre Gefährdungsbeurteilungen und passen Sie die getroffenen Schutzmaßnahmen an betriebliche Veränderungen an.
- Nutzen Sie die Expertise von Betriebsärztinnen, Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.
- Nutzen Sie digitale Tools, um Ihre Arbeitsschutzdokumente wie Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungsnachweise, Protokolle von Betriebsbegehungen, Betriebsanweisungen, Explosionsschutzdokumente sowie Rettungs- und Notfallpläne effizient zu organisieren und lückenlos zu dokumentieren.
- Binden Sie Ihre Beschäftigten sowie Sicherheitsbeauftragten und Brandschutzhelfer aktiv in den Arbeitsschutz ein und fördern Sie damit das Bewusstsein für erhöhte Arbeitssicherheit.
Unsere Unterstützung im Arbeitsschutz
Die erfahrenen Sicherheitsingenieure und externen Fachkräfte für Arbeitssicherheit von Fachkraft-Arbeitssicherheit unterstützen Sie deutschlandweit bei allen Aufgaben rund um den Arbeitsschutz, zum Beispiel beim Arbeitsschutzausschuss (ASA) gemäß der aktuellen DGUV Vorschrift 2.
Unser Leistungsspektrum umfasst sämtliche Aspekte der Arbeitssicherheit und richtet sich an Betriebe jeder Größe und Branche. Dazu zählen unter anderem auch die arbeitsmedizinische Betreuung sowie die Beratung rund um ISO Zertifizierungen, wie etwa die ISO 45001 Zertifizierung für ein nachhaltiges Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzmanagement in Ihrem Unternehmen.
Diese und viele weitere Dienstleistungen bieten wir Ihnen deutschlandweit aus einer Hand, immer abgestimmt auf die neuesten gesetzlichen Anforderungen und Ihre betrieblichen Herausforderungen. Kontaktieren Sie uns gerne für eine unverbindliche Erstberatung.