Kaum ein Berufsfeld stellt so hohe Anforderungen an die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten wie die Pflege. Tag für Tag meistern Pflegekräfte körperlich belastende Aufgaben, sind Infektionsrisiken ausgesetzt und müssen auch emotional oft an ihre Grenzen gehen. Dabei sollte der Arbeitsschutz in der Pflege immer im Mittelpunkt stehen: Es gilt, nicht nur die eigene Gesundheit zu schützen, sondern auch die der ihnen anvertrauten Menschen.
Für uns als Fachkräfte für Arbeitssicherheit bedeutet Arbeitsschutz in der Pflege, besonders aufmerksam hinzuschauen: Welche Gefahren lauern im Pflegealltag? Wo können wir mit gezielten Maßnahmen ansetzen, um das Arbeitsumfeld sicherer zu gestalten und langfristig zu verbessern? In diesem Beitrag erfahren Sie, was alles zum Arbeitsschutz in der Pflege gehört, welche gesetzlichen Vorschriften und Regelwerke zu beachten sind und mit welchen typischen Arbeitsunfällen in Pflegeberufen und Pflegeeinrichtungen gerechnet werden muss.
Was gehört zum Arbeitsschutz in der Pflege?
Ein umfassender Arbeitsschutz trägt entscheidend dazu bei, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten im Pflegebereich zu gewährleisten. Ziel ist es, durch Substitution, technische, organisatorische und persönliche Maßnahmen (STOP-Prinzip im Arbeitsschutz) Verletzungen, Erkrankungen und psychische Belastungen zu verhindern. Dabei sind sowohl vorbeugende als auch reaktive Strategien von Bedeutung.
Zu den wichtigsten Elementen des Arbeitsschutzes in der Pflege zählen:
- Hygienemaßnahmen: Strikte Einhaltung von Hygienestandards wie regelmäßiges Händewaschen, Desinfektion von Arbeitsflächen und Geräten sowie das Tragen von geeigneter Arbeits- und Schutzkleidung.
- Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Einsatz von Handschuhen, Masken, Schutzbrillen und Schutzkleidung, um Pflegekräfte vor Infektionen und anderen Gefahren zu schützen.
- Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Nutzung von Hilfsmitteln wie Hebeliften sowie die Schulung im richtigen Heben und Tragen, um Rückenprobleme und andere körperliche Beschwerden zu verhindern.
- Organisation und Arbeitszeitgestaltung: Dienstpläne, Pausenzeiten und Schichtsysteme, die die körperliche und mentale Gesundheit der Pflegekräfte berücksichtigen.
- Gefährdungsbeurteilung: Regelmäßige Analyse und Bewertung von Risiken am Arbeitsplatz sowie die Umsetzung geeigneter Schutzmaßnahmen.
- Unfallverhütung: Wartung und Überprüfung von Arbeitsgeräten, Notfallpläne und regelmäßige Sicherheitsübungen.
- Psychische Gesundheit: Angebote wie Supervision, Stressbewältigungskurse und Zugang zu psychologischer Unterstützung, um Überlastung und emotionale Belastungen zu reduzieren. Lesen Sie dazu auch unseren Leitfaden zur „psychischen Gefährdungsbeurteilung“.
Gesetze und Vorschriften beim Arbeitsschutz in der Pflege
Auch im Arbeitsschutz in der Pflege gelten (wie überall) zahlreiche Gesetze und Vorschriften, die von Hygiene und Infektionsschutz über Arbeitszeiten bis hin zu Unfallverhütung und branchenspezifischen Auflagen reichen.
Ziel dieser Vorgaben ist stets der umfassende Schutz der Beschäftigten und der zu pflegenden Menschen sowie die Verhütung von Arbeitsunfällen. Dazu gehören auch die regelmäßige Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen im Arbeitsschutz und die sorgfältige Dokumentation der Einhaltung aller Vorgaben.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen und Regelwerke im Arbeitsschutz in der Pflege:
Gesetz / Vorschrift | Erläuterung |
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) | Regelt u. a. die grundlegenden Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (§ 3 ArbSchG). |
Infektionsschutzgesetz (IfSG) | Gibt Vorgaben zum Schutz vor Infektionskrankheiten, insbesondere durch Hygienepläne und Präventionsmaßnahmen – insbesondere im 6. Abschnitt§ 35 „Infektionsschutz in Einrichtungen und Unternehmen der Pflege und Eingliederungshilfe, Verordnungsermächtigung“ (Quelle: § 35 IfSG – Einzelnorm) |
Mutterschutzgesetz (MuSchG) | Schützt schwangere und stillende Frauen durch spezielle Arbeitszeitregelungen und besondere Schutzmaßnahmen (Beurteilung der Arbeitsbedingung in der Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft). |
Arbeitszeitgesetz (ArbZG) | Legt zulässige Arbeitszeiten, Ruhepausen und die maximale Arbeitsdauer fest (§ 4 ArbZG). Außerdem ist gemäß §5 Abs. 1 des ArbZG ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden erforderlich. |
Unfallverhütungsvorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) | Maßnahmen zur Unfallverhütung und zum Gesundheitsschutz, etwa beim Umgang mit Arbeitsmitteln und PSA (siehe DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“). |
Medizinproduktegesetz (MPG) | Regelt den sicheren Umgang mit Medizinprodukten im Pflegealltag. |
Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) | Regelt den Schutz vor Strahlenbelastung, etwa bei bestimmten diagnostischen Verfahren. |
Länder-Heimgesetze und Landesrahmenhygienepläne | Ergänzen die bundesweiten Vorgaben durch spezifische Regelungen auf Landesebene. |
Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) | Empfehlungen zur Krankenhaushygiene und Infektionsprävention in der Pflege. Die weiteren Aufgaben des Robert Koch-Institutes sind in § 4 IfSG angeführt. |
Auflagen der Berufsgenossenschaften (BG) | Ergänzen die gesetzlichen Vorgaben durch branchenspezifische Anforderungen und Unfallverhütungsvorschriften (UVV). |
Was hat der Fachkräftemangel mit dem Arbeitsschutz in der Pflege zu tun?
Der Fachkräftemangel sowie der demografische Wandel stellen die Pflegebranche nicht nur in Deutschland vor große Herausforderungen. Beides Tatsachen, die direkte Auswirkungen auf den Arbeitsschutz haben.
Zusammenhang zwischen Personalmangel und Belastung
Fehlende Pflegekräfte bedeuten für das vorhandene Personal eine deutliche Mehrbelastung. Arbeitsverdichtung, Überstunden, Zeitdruck und eine immer anspruchsvollere Patientenstruktur bestimmen den Arbeitsalltag. Die demografische Entwicklung, eine alternde Belegschaft mit längeren Krankenständen und die sinkende Zahl von Nachwuchskräften verschärfen die Situation zusätzlich. Das führt nicht nur zu mehr physischen und psychischen Belastungen, sondern auch zu einer höheren Unfall- und Krankheitsrate.
Folgen für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten
Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind vielfältig. Körperliche Belastungen, insbesondere durch das Heben und Tragen von Patienten, führen häufig zu Rückenschmerzen und Muskel-Skelett-Erkrankungen. Psychische Belastungen entstehen durch Zeitdruck, hohe Verantwortung, Schichtarbeit und den Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod.
Wenn immer weniger Pflegekräfte immer mehr Aufgaben übernehmen müssen, steigt die Gefahr von Fehlern und Unfällen. Zusätzliche Anforderungen wie Infektionsschutz und umfangreiche Dokumentationspflichten erhöhen den Stress und die Arbeitsmenge weiter.
Gute Arbeitsbedingungen und ein starker Arbeitsschutz sind nicht nur ein Mittel gegen den Personalmangel, sondern auch der Schlüssel zu mehr Gesundheit, Zufriedenheit und Motivation im Pflegeberuf. |
Teufelskreis aus Arbeitsschutzdefiziten und Fachkräftemangel
Ungünstige Arbeitsbedingungen und Defizite im Arbeitsschutz wirken sich nicht nur negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten aus, sondern schwächen auch das Image der Pflegebranche. Hohe Fehlzeiten und eine hohe Fluktuation sind die Folge, was den Fachkräftemangel weiter verstärkt. Die Attraktivität des Pflegeberufs leidet, und es entsteht ein Teufelskreis, der nur durch gezielte Verbesserungen durchbrochen werden kann.
Prävention und bessere Arbeitsbedingungen als Lösungsansatz
Investitionen in die Arbeitssicherheit und eine starke Präventionskultur können dazu beitragen, das Image der Pflegebranche zu verbessern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dazu zählen unter anderem ergonomische Arbeitsplätze und der Einsatz von Hilfsmitteln, um körperliche Belastungen zu reduzieren, sowie psychosoziale Unterstützung und Angebote zur Stressbewältigung.
Auch geregelte Arbeitszeiten, verlässliche Pausen und gezielte Schulungen zu Arbeitsschutz, Hygiene und Infektionsprävention spielen eine wichtige Rolle. Nur durch ganzheitliche und interdisziplinäre Ansätze sowie die konsequente Umsetzung von Präventionsmaßnahmen kann die Branche langfristig attraktiv und zukunftsfähig bleiben.
(Quelle: Fachkräftemangel und Arbeitsschutz am Beispiel der Pflege : DGUV forum 6/2022 : DGUV forum)
Häufige Gefährdungen und Arbeitsunfälle in der Pflege
Pflegekräfte sind im Berufsalltag vielfältigen Gefährdungen ausgesetzt, die sowohl die körperliche als auch die psychische Gesundheit betreffen. Typische Risiken entstehen durch den direkten Patientenkontakt, den Umgang mit medizinischen Geräten und Hilfsmitteln sowie durch organisatorische und psychische Belastungen. Auffällig sind die steigenden Ausfallzeiten und Krankenstände, die die Belastungssituation in der Pflegebranche verdeutlichen.
Zu den häufigsten Gefährdungen und Unfallursachen zählen:
- Stich- und Schnittverletzungen beim Umgang mit Kanülen, Skalpellen oder anderen scharfen Instrumenten, die zu Infektionen führen können.
- Infektionsgefahren durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten, Wunden oder infektiösen Materialien.
- Hauterkrankungen durch häufiges Händewaschen und den Kontakt mit Desinfektionsmitteln sowie Gefahrstoffen und Chemikalien
- Muskel-Skelett-Erkrankungen durch das Heben und Umlagern von Patientinnen und Patienten, was oft zu Rückenproblemen führt.
- Rutsch-, Stolper- und Sturzunfälle auf glatten oder nassen Böden und durch herumliegende Kabel.
- Psychische Belastungen durch Zeitdruck, Schichtarbeit, hohe Verantwortung, Umgang mit Krankheit und Tod sowie durch aggressive Verhaltensweisen von Patienten. Pflegekräfte sind im Durchschnitt deutlich länger krankgeschrieben als andere Berufsgruppen.
- Aggressives Verhalten von Patienten und Schreck- und Gewaltunfälle (sogenannte SuG-Unfälle: Siehe Seite 13 ff. „Arbeits- und Wegeunfälle mit Schreck- und Gewaltvorfällen“)
Berufsgesundheits-Index 2024: Alarmierende Entwicklungen in der Pflegebranche
Der aktuelle Berufsgesundheits-Index (BeGX) 2024 der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zeigt: Die Gesundheit von Pflegekräften in Alten- und Krankenpflege hat sich weiter verschlechtert und erreicht neue Tiefstwerte. Die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit – gemessen an Krankheitstagen, Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten – ist deutlich gesunken.
Hauptgründe dafür sind die Folgen der Covid-19-Pandemie, der anhaltende Fachkräftemangel und die daraus resultierende Arbeitsverdichtung. Gleichzeitig verdeutlicht der Bericht, dass Ressourcen wie Weiterbildungsmöglichkeiten, faire Bezahlung und gesellschaftliche Anerkennung entscheidend für die Gesundheit und Motivation der Beschäftigten sind.
Die BGW betont, dass der Arbeitsschutz in der Pflege dringend gestärkt werden muss. Dazu gehören:
- Gezielte Präventionsmaßnahmen gegen physische und psychische Belastungen
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z. B. Personalschlüssel, Schichtpläne)
- Mehr Wertschätzung und gesellschaftliche Anerkennung
- Ein ganzheitlicher Ansatz, der die Gesundheit der Pflegekräfte in den Mittelpunkt stellt
Nur so kann die Attraktivität des Pflegeberufs gesteigert und die Versorgung langfristig gesichert werden.
(Quelle: BeGX – Berufsgesundheits-Index Alten- und Krankenpflege 2024 der BGW)
Unsere Unterstützung als Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz in der Pflege erfordern individuelle Lösungen, die auf die besonderen Herausforderungen und Strukturen von Pflegeeinrichtungen abgestimmt sind. Unsere erfahrenen Sicherheitsfachkräfte von Fachkraft-Arbeitssicherheit stehen für passgenaue Arbeitsschutzmaßnahmen, die alle gesetzlichen Vorgaben erfüllen und den Arbeitsalltag in der Pflege verbessern.
Wir unterstützen Sie deutschlandweit dabei, Arbeitsunfälle und Erkrankungen in Ihrer Pflegeeinrichtung zu vermeiden und die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden nachhaltig zu schützen.