Die Frage, ob die Mitgliedschaft bei einer Berufsgenossenschaft Pflicht oder freiwillig ist, taucht häufig bei der Gründung eines Unternehmens oder bei Änderungen im Betrieb auf.
In unserem Beitrag über die Aufgaben einer Berufsgenossenschaft haben wir bereits beleuchtet, welche gewerblichen Berufsgenossenschaft es in Deutschland gibt und wofür sie zuständig sind. In diesem Artikel erläutern wir von Fachkraft Arbeitssicherheit, für wen die Berufsgenossenschaft Pflicht ist, welche Ausnahmen bestehen können, wann die BG-Anmeldung zu erfolgen hat und wie Sie das auf dem Online-Weg einfach erledigen können.
Für wen ist die Berufsgenossenschaft Pflicht?
In Deutschland sind die neun gewerblichen Berufsgenossenschaften die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die gewerbliche Wirtschaft. Unternehmen, die in einem dieser Bereiche tätig sind, gehören verpflichtend zur jeweils zuständigen Berufsgenossenschaft.
Für jedes neu gegründete Unternehmen besteht die Pflicht, sich beim zuständigen Unfallversicherungsträger anzumelden. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch, konkret aus § 192 SGB VII („Mitteilungs- und Auskunftspflichten von Unternehmern und Bauherren“) und wird von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ausdrücklich so beschrieben.
Die Meldepflicht gilt für Unternehmer unabhängig von der Rechtsform und unabhängig davon, ob bereits Arbeitnehmer beschäftigt werden oder auch nicht. Darauf weisen auch Industrie- und Handelskammern (IHK) hin.
Die Grundlage dieser Verpflichtung ist, dass Beschäftigte und weitere Personengruppen nach § 2 SGB VII („Versicherung kraft Gesetzes“) unfallversichert sind und die Berufsgenossenschaften in der gewerblichen Wirtschaft (BG) diesen Schutz sicherstellen.
Für wen ist die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Pflicht?
Für Unternehmen, die im agrarischen Bereich tätig sind, besteht die Pflicht zur Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Die Rechtsgrundlage bildet hier § 123 SGB VII („Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft“).
Der zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung ist die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) ist. Sie führt die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, nimmt die Unternehmensanmeldung entgegen, erhebt die Beiträge und erbringt Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
Die Pflichtmitgliedschaft bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gilt für:
- Unternehmen der Landwirtschaft und Forstwirtschaft einschließlich Gartenbau und Weinbau sowie Fischzucht, Teichwirtschaft, Binnenfischerei, Imkerei und Landschaftspflege
- Unternehmen, in denen ohne Bodenbewirtschaftung Nutz- oder Zuchttiere gehalten werden
- Land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen
- Park- und Gartenpflege sowie Friedhöfe
- Jagden
- Landwirtschaftskammern und Berufsverbände der Landwirtschaft
- Unternehmen, die überwiegend der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft dienen
- Die SVLFG und ihre weiteren Einrichtungen sowie Zusatzversorgungskassen des Agrarbereichs
(Quelle: § 123 SGB 7 – Einzelnorm)
Wer ist nicht BG-pflichtig?
Keine Pflicht zu einer Berufsgenossenschaft besteht für Arbeitgeber und Einrichtungen, die nicht der gewerblichen oder der land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaft zugeordnet sind. Für sie sind andere Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig. Dazu zählen insbesondere:
- Dienststellen und Einrichtungen der öffentlichen Hand. Hier ist die jeweilige Unfallkasse zuständig.
- Privathaushalte, die Hauspersonal beschäftigen. Die Absicherung erfolgt über die zuständige Unfallkasse; Anmeldung und Beiträge laufen je nach Fall über die Unfallkasse oder die Minijob-Zentrale.
- Beamtinnen und Beamte. Sie sind nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, sondern erhalten Unfallfürsorge; für andere Beschäftigte derselben Dienststelle ist die Unfallkasse zuständig.
- Freiberufler wie Anwälte, Ärzte, Architekten oder Kunstschaffende: Ohne Beschäftigte besteht für die eigene Person in der Regel keine Pflichtversicherung. Eine freiwillige Absicherung über die Berufsgenossenschaft ist jedoch möglich. Sobald Beschäftigte eingestellt werden oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die unter die gesetzliche Unfallversicherung fallen, muss das Unternehmen bei der zuständigen Berufsgenossenschaft angemeldet werden.
Wann muss ich mein Unternehmen bei der Berufsgenossenschaft anmelden?
Sie müssen Ihr Unternehmen spätestens innerhalb einer Woche nach Aufnahme der Tätigkeit bei der zuständigen Berufsgenossenschaft telefonisch oder schriftlich anmelden. Dazu zählen auch sogenannte „vorbereitende Tätigkeiten“, wie beispielsweise die Anmeldung Ihres Betriebs beim Gewerbeamt. Die Rechtsgrundlage hierzu bildet § 192 SGB VII.
Sobald die zuständige BG über Ihre Unternehmensgründung informiert wurde, wird es in das Mitgliederverzeichnis der Berufsgenossenschaft eingetragen. Im Anschluss erhalten Sie Ihre 15-stellige Unternehmensnummer.
Die einwöchige Anmeldefrist gilt unabhängig von Rechtsform und Mitarbeiterzahl, da sich die Mitgliedschaft bei der Berufsgenossenschaft auf die gewerbliche Tätigkeit bezieht und nicht auf die Beschäftigten. Das bedeutet, dass Sie Ihr Unternehmen auch anmelden müssen, wenn Sie Einzelunternehmerin oder Einzelunternehmer (EPU) sind.
Auch Standortverlegungen, Betriebserweiterungen oder die Schließung Ihres Unternehmens müssen Sie Ihrer Berufsgenossenschaft unverzüglich mitteilen.
Wie funktioniert die Online-Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft?
Wenn Sie Ihr Unternehmen bei der Berufsgenossenschaft auf digitalem Weg anmelden, nutzen Sie das Online-Formular „Unternehmen anmelden“ Ihrer zuständigen Berufsgenossenschaft oder das Serviceportal der DGUV, wo Sie zum richtigen Träger weitergeleitet werden.
Im Anmeldeformular werden die Kerndaten Ihres Betriebs erfasst, wie etwa die Anschrift und Rechtsform, die Branchenzuordnung und Tätigkeitsbeschreibung, die aktuelle Mitarbeiteranzahl sowie eine Ansprechperson.
Je nach Rechtsform und Situation fügen Sie Unterlagen als Anlage hinzu:
- Einzelunternehmen: in der Regel genügt das Onlineformular, bei Gewerbetreibenden meist mit Kopie der Gewerbeanmeldung
- Personengesellschaften wie GbR, eGbR, OHG, KG oder PartG: Gesellschaftsvertrag, bei OHG und KG zusätzlich Handelsregisterauszug
- Kapitalgesellschaften wie GmbH, UG, AG oder GmbH & Co. KG: Handelsregisterauszug, teilweise zusätzlich ein Formular der Berufsgenossenschaft für Gesellschaften
- Gemeinnützige Träger: aktueller Gemeinnützigkeitsbescheid
- Erlaubnispflichtige Tätigkeiten: Nachweise über Zulassungen oder Qualifikationen wie Handwerkskarte oder Berufszulassung
- Betriebsübernahme: Angaben zum Vorbetrieb und Übernahmedatum, weitere Belege auf Anforderung
- Landwirtschaft bei der SVLFG: zusätzlicher Fragebogen zu Flächen, Tierbestand und Bewirtschaftung
Die Online-Anmeldung lässt sich in vielen Fällen mit einem BundID-Konto oder dem ELSTER-Unternehmenskonto verknüpfen, sodass die Identifizierung hinterlegt ist und spätere Vorgänge einfacher ablaufen. Sie können die Anmeldung auch ohne Konto starten und die Rückmeldung Ihrer Berufsgenossenschaft per Post erhalten.
Zu spät bei der Berufsgenossenschaft angemeldet?
Wenn Ihr Unternehmen nicht innerhalb einer Woche nach Tätigkeitsbeginn gemeldet wird, liegt ein Verstoß gegen die gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 192 SGB VII vor. Dieser Verstoß ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld belegt werden. Der Bußgeldrahmen beträgt in diesem Fall bis zu 2.500 Euro (§ 209 SGB VII Abs. 1 Nr. 8, Abs. 3).
Zahlen Sie Beiträge verspätet, fällt ein Säumniszuschlag an. Die Berufsgenossenschaft berechnet für jeden begonnenen Monat 1 Prozent des rückständigen Betrags. Für die Berechnung wird der Rückstand auf volle 50 Euro abgerundet (§ 24 SGB IV „Säumniszuschlag“).
Falls Sie noch nicht wissen, welche Berufsgenossenschaft für Ihren Betrieb zuständig ist, nutzen Sie zuerst das zentrale Serviceportal der DGUV und die dort hinterlegte Branchenzuordnung.
Ist ein Aushang der Berufsgenossenschaft Pflicht?
Ja. Als Arbeitgeber müssen Sie Ihre Beschäftigten sichtbar darüber informieren, welche Berufsgenossenschaft für Ihr Unternehmen zuständig ist. Der Aushang enthält in der Praxis den Namen Ihrer BG sowie die Kontaktdaten der zuständigen Regionaldirektion beziehungsweise Geschäftsstelle und des Präventionsbereichs. Bringen Sie den Hinweis gut zugänglich an, etwa am schwarzen Brett, in Pausen- oder Eingangsbereichen.
Berufsgenossenschaft Pflicht erfüllt? Jetzt Arbeitsschutz wirksam umsetzen!
Als Unternehmer sind Sie in vielen Fällen nicht nur verpflichtet, Ihren Betrieb rechtzeitig bei der zuständigen Berufsgenossenschaft anzumelden. Sie haben auch klare Pflichten im Arbeitsschutz, basierend u. a. auf dem Arbeitsschutzgesetz. Dazu gehören zum Beispiel Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen im Arbeitsschutz und Betriebsanweisungen sowie Erste Hilfe und eine nachvollziehbare Dokumentation zu Ihren Arbeitsschutzmaßnahmen.
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