Der Start ins Berufsleben markiert für junge Menschen einen neuen Lebensabschnitt. Ein großer Schritt, der ebenso viele Chancen eröffnet, wie er Herausforderungen mit sich bringt. Für Auszubildende (Azubis) bedeutet die erste Zeit im Betrieb die erste praktische Annäherung an den eigenen Berufswunsch. In dieser Phase übernehmen Sie als Arbeitgeber im Bereich Arbeitssicherheit für Auszubildende besondere Fürsorgepflichten. Sie begleiten zukünftige Fachkräfte, unterstützen sie auf ihrem Weg und tragen maßgeblich dazu bei, dass ihr Einstieg in die Arbeitswelt sicher und gesund verläuft.
Als Fachkräfte für Arbeitssicherheit wissen wir, dass ein vorausschauender Umgang mit Gefahren und Risiken am Arbeitsplatz für jeden Mitarbeiter wichtig ist. Auszubildende bringen nicht nur Motivation und neue Perspektiven in den Betrieb, sondern gehören gleichzeitig zu den besonders gefährdeten Beschäftigtengruppen. Das zeigt sich deutlich in den Unfallstatistiken der 15- bis 25-Jährigen. Deshalb sollten Arbeitgeber ihre Fürsorgepflichten gegenüber Auszubildenden als schutzbedürftige Arbeitnehmer besonders gewissenhaft wahrnehmen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche konkreten Pflichten Sie als Arbeitgeber haben, welche Gesetze maßgeblich sind und welche Pflichten Auszubildende selbst im Rahmen ihrer Ausbildung erfüllen müssen.
Arbeitsschutz für Azubis: Die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers im Überblick Gefährdungsbeurteilung erstellen (§ 28a JArbSchG) und Präventionsmaßnahmen umsetzen Halbjährliche Sicherheitsunterweisung Lückenlose Aufsicht, insbesondere bei Risikotätigkeiten und Maschinenbedienung Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung und erforderlicher Arbeitsmittel Anpassung der Ausbildung: Überforderungsvermeidung, Ausschluss gefährlicher Arbeiten Sofortige Unfallmeldung und vollständige Unfalldokumentation Arbeitsmedizinische Vorsorge Freistellung für Berufsschule und Prüfungen bei Lohnfortzahlung Arbeitszeugnis nach Ausbildungsabschluss ausstellen |
Arbeitsunfälle von Auszubildenden zwischen 15 und 25 Jahren
Junge Arbeitnehmer sind überdurchschnittlich häufig von Arbeitsunfällen betroffen. Um die besondere Verantwortung der Arbeitgeber zu unterstreichen, präsentieren wir nachfolgend zentrale Fakten und Kennzahlen zu Arbeitsunfällen bei Auszubildenden und jungen Beschäftigten, basierend auf den Auswertungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in ihrer Statistik „Arbeitsunfallgeschehen 2023“ mit besonderem Blick auf die Altersgruppe der 15- bis 25-Jährigen.
Häufigkeit und Verteilung von Arbeitsunfällen
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- Der DGUV-Statistik zufolge erlitten Auszubildende bis 19 Jahre im Jahr 2023 etwa 12.600 meldepflichtige Arbeitsunfälle. Das entspricht fast der Hälfte (47,9 %) aller bei Auszubildenden gemeldeten Arbeitsunfälle.
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- In der Gruppe der 20- bis unter 25-Jährigen wurden zusätzlich 10.200 meldepflichtige Unfälle gezählt, was einem Anteil von 38,8 % entspricht.
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- Zusammengenommen machen diese beiden Altersgruppen über 86 % aller gemeldeten Arbeitsunfälle von Auszubildenden aus.
Schwere und tödliche Arbeitsunfälle
Blickt man auf die schwereren Folgen, fällt auch hier ein hoher Anteil auf junge Azubis.
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- Von insgesamt 99 neuen Unfallrenten entfielen 41 auf Auszubildende bis 19 Jahre und 39 auf die 20- bis unter 25-Jährigen.
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- Besonders tragisch sind die tödlichen Arbeitsunfälle: Von insgesamt sieben tödlichen Unfällen unter Auszubildenden betrafen fünf die jüngste Gruppe bis 19 Jahre, zwei weitere entfielen auf die 20- bis unter 25-Jährigen.
Was bedeuten diese Zahlen für die Arbeitssicherheit für Auszubildende?
Gerade in den ersten Jahren der Berufstätigkeit ist das Risiko für schwere Unfälle besonders hoch. Deshalb ist es für die Arbeitssicherheit von Auszubildenden besonders wichtig, die Prävention und Betreuung gezielt an den Bedürfnissen dieser jungen Menschen auszurichten. Ein regelmäßiges Unterweisungskonzept sowie ein Arbeitsumfeld, in dem Sicherheit großgeschrieben wird, sind die beste Grundlage, um Azubis wirksam zu schützen und Unfälle deutlich zu vermindern.
(Quelle: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Statistik – Arbeitsunfallgeschehen 2023)
Gesetzliche Vorgaben zur Einhaltung der Arbeitssicherheit für Azubis
In Deutschland bildet die Kombination aus Jugendarbeitsschutzgesetz, Arbeitsschutzgesetz, Berufsbildungsgesetz sowie einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften die Grundlage für einen umfassenden Arbeits- und Gesundheitsschutz für Auszubildende. Arbeitgeber sind in der Pflicht, diese Regelungen zu kennen und umzusetzen, damit junge Beschäftigte bestmöglich geschützt werden.
Für Auszubildende gilt je nach Alter und Tätigkeitsbereich eine unterschiedliche Rechtslage:
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- Jugendliche unter 18 Jahren müssen mindestens halbjährlich zu Arbeitsschutzthemen unterwiesen werden, während volljährige Auszubildende jährlich an Unterweisungen zum Arbeitsschutz teilnehmen sollen.
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- Bei minderjährigen Auszubildenden kommen zusätzliche Dokumentations- und Nachweispflichten hinzu, etwa was ärztliche Untersuchungen durch einen Betriebsarzt oder die Freistellung für den Schulbesuch betrifft.
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
Dieses Gesetz betrifft alle Auszubildenden unter 18 Jahren. Das Jugendarbeitsschutzgesetz legt u. a. fest, dass die Arbeitszeit von Jugendlichen auf maximal acht Stunden pro Tag (§ 4 JArbSchG) und 40 Stunden bzw. 5 Tage pro Woche begrenzt ist (§ 15 JArbSchGff).
Es untersagt Tätigkeiten, die für Jugendliche gefährlich oder besonders belastend sind, und verlangt spezielle Schutzmaßnahmen, wenn gesundheitliche Gefährdungen bestehen (§ 22 JArbSchG).
Zu den weiteren Regelungen gehört die Pflicht zur arbeitsmedizinischen Betreuung wie beispielsweise durch regelmäßige ärztliche Untersuchungen vor, während und nach der Ausbildung (z. B. § 32 JArbSchG „Erstuntersuchung“).
Darüber hinaus sind im Jugendarbeitsschutzgesetz die halbjährlich durchzuführenden Unterweisungen in Sachen Arbeitsschutz und Unfallvermeidung geregelt (§29 JArbSchG „Unterweisung über Gefahren).
Außerdem müssen junge Auszubildende für den Besuch der Berufsschule und zur Teilnahme an Prüfungen freigestellt werden (§ 9 JArbSchG „Berufsschule“).
Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, drohen den Unternehmen empfindliche Bußgelder und mögliche Regressforderungen (JArbSchG 5. Abschnitt §§ 58 – 60).
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
Für volljährige Auszubildende ab 18 Jahren gilt das Arbeitsschutzgesetz, das auch für andere Beschäftigte relevant ist. Arbeitgeber sind verpflichtet, durch Gefährdungsbeurteilungen (§ 5 ArbSchG „Beurteilung der Arbeitsbedingungen“) und geeignete Maßnahmen die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten. Der Arbeitgeber muss außerdem sicherstellen, dass persönliche Schutzausrüstungen (PSA) bereitgestellt und getragen werden, und besondere Schutzmaßnahmen für den Umgang mit Gefahrstoffen treffen.
Was gilt es bei der Gefährdungsbeurteilung für Azubis unter 18 Jahren zu beachten?
Auch bei der Erstellung Ihrer Gefährdungsbeurteilung tragen Sie als Arbeitgeber eine besondere Verantwortung gegenüber Ihren Azubis. Die gesetzliche Vorgabe ist dabei § 28a JArbSchG, der Regelungen enthält, um die körperliche und psychische Unversehrtheit von Auszubildenden als besondere schutzbedürftige Personen zu schützen.
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- Führen Sie die Gefährdungsbeurteilung vor dem Arbeitsantritt und bei jeder wesentlichen Änderung der Arbeitsbedingungen durch. Nur so erkennen Sie frühzeitig Risiken, die speziell für Jugendliche von Bedeutung sind.
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- Berücksichtigen Sie, dass Auszubildende oft weniger Erfahrung haben und Gefahren anders einschätzen als erfahrene Beschäftigte. Neben der fachlichen Einweisung braucht es intensive Begleitung, klare Regeln und eine verständliche Vermittlung von Sicherheitsvorschriften.
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- Stellen Sie sicher, dass gefährliche Maschinen und Arbeitsbereiche für Auszubildende nur unter ständiger Aufsicht (oder gar nicht) zugänglich sind. Gefährliche Tätigkeiten dürfen nie allein ausgeführt werden. Besonders schwere körperliche oder gesundheitsgefährdende Arbeiten sind klar zu begrenzen oder nur in Ausnahmefällen und mit zusätzlicher Kontrolle zuzulassen.
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- Dokumentieren Sie alle Maßnahmen und die Ergebnisse Ihrer Gefährdungsbeurteilung systematisch. Überprüfen Sie regelmäßig, ob die getroffenen Schutzmaßnahmen weiterhin wirksam sind und passen Sie diese bei Bedarf an.
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- Beachten Sie, dass Jugendliche und Auszubildende wie werdende Mütter und Stillende (siehe dazu auch Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft) zu den besonders schutzwürdigen Beschäftigten gehören. Passen Sie somit das Aufgaben- und Einsatzspektrum an diese besonderen Bedürfnisse an.
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG)
Das BBiG regelt die grundlegenden Rechte und Pflichten in Ausbildungsverhältnissen. Arbeitgeber werden verpflichtet, eine angemessene und sichere Ausbildung zu gewährleisten. Sie müssen die Vermittlung der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse auch unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes sicherstellen (§ 14 BBiG „Berufsausbildung“).
Auszubildende wiederum sind verpflichtet, an allen vorgeschriebenen und zusätzlichen Unterweisungen teilzunehmen und die ihnen übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen (§ 13 BBiG „Verhalten während der Berufsausbildung“).
Ein weiterer zentraler Punkt ist der Anspruch der Auszubildenden auf eine angemessene Vergütung. Das Gesetz schreibt vor, dass die Ausbildungsvergütung mit jedem Ausbildungsjahr mindestens einmal steigen muss. Damit wird sichergestellt, dass Auszubildende nicht nur eine faire Entlohnung erhalten, sondern ihre Vergütung auch im Verlauf der Ausbildung angepasst wird (§ 17 BBiG „Vergütungsanspruch und Mindestvergütung“).
Wie sind Auszubildende bei Arbeits- und Wegeunfällen gesetzlich geschützt?
Azubis unter 18 Jahren genießen bei Arbeits- und Wegeunfällen umfassenden gesetzlichen Schutz. Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn er während der eigentlichen Ausbildungstätigkeit im Betrieb geschieht, während ein Wegeunfall auf dem direkten Weg zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte oder zur Berufsschule eintritt.
In beiden Fällen kommt automatisch gemäß Siebtes Buch Sozialgesetzbuch die gesetzliche Unfallversicherung zum Tragen, die sämtliche notwendigen Kosten für medizinische Behandlung, Heilmittel, Rehabilitation und bei Bedarf auch Rentenzahlungen übernimmt (SGB VII § 2 „Versicherung kraft Gesetzes“):
Zitatfunktion:
„Kraft Gesetzes sind versichert: Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen.“
Die Abwicklung der Versicherungsleistungen erfolgt entweder über die zuständige Berufsgenossenschaft oder bei Unfällen auf dem Schulweg häufig über die Unfallkasse des entsprechenden Bundeslands.
Nach einem Unfall muss der Arbeitgeber diesen ab einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen unverzüglich der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) oder Unfallkasse melden.
Für die Behandlung ist immer ein auf Arbeitsunfälle spezialisierter Durchgangsarzt aufzusuchen. Die Unfallversicherung trägt sämtliche Kosten für medizinische Maßnahmen und zahlt die Lohn- beziehungsweise Ausbildungsvergütung weiter. Bei schwereren Fällen werden zusätzliche Hilfsmaßnahmen, Umschulungen oder im Fall bleibender Schäden Rentenzahlungen organisiert.
Alle Unfallmeldungen sind vom Arbeitgeber sorgfältig zu dokumentieren und auf Wunsch erhält der Auszubildende eine Kopie der Anzeige.
So erleichtern Sie Ihren Azubis den Einstieg ins Berufsleben
Als Arbeitgeber sind Sie verpflichtet, die Arbeitssicherheit für Ihre Auszubildenden sicherzustellen. Gleichzeitig sollten Sie auch dafür sorgen, dass sich Ihre Nachwuchskräfte von Anfang an in Ihrem Betrieb wohlfühlen.
Ein gelungenes Onboarding beginnt mit einer herzlichen Begrüßung, einer umfassenden Einführung in das Team und die Arbeitsabläufe sowie der Bereitstellung aller wichtigen Informationen und Ansprechpersonen. Indem Sie offene Kommunikation fördern und erste Erfolgserlebnisse ermöglichen, schaffen Sie eine positive Grundlage für Motivation, Bindung und eine erfolgreiche Zusammenarbeit während der gesamten Ausbildungszeit.
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